Neubau Schiersteiner Brücke: Kalottenlager für 6.000 t Auflast
Die Schiersteiner Brücke gehört zu den bedeutendsten Neubauten deutscher Autobahnbrücken. Die Herausforderung ist das enorme Bauwerksgewicht, das in den Brückenlagern Auflasten von bis zu 6.000 t sowie große Verdrehungen verursacht.
Die bisherige Autobahnbrücke im Zuge der A643 wurde 1962 errichtet und verbindet Wiesbaden-Schierstein mit Mainz-Mombach. Wegen des stark gestiegenen Verkehrsaufkommens (90.000 Fahrzeuge pro Tag) weicht sie einem zweiteiligen Neubau mit 1.280 m bzw. 1.285 m Länge. Die je 15-feldrigen Hohlkastenbrücken haben drei Fahrspuren, einen Standstreifen sowie Rad- und Fußwege und sind 21,72 m breit.
Der erste Überbau wurde seit 2013 flussabwärts parallel zum Bestandsbau erstellt und trägt seit November 2017 den Verkehr in beide Richtungen. Zwischenzeitlich wurde die alte Brücke abgebrochen; der zweite Neubau soll, teilweise unter Verwendung der alten Gründung, 2021 fertig werden.
Bautechnisch anspruchsvoller Höhepunkt
Das Einschwimmen und Einheben des 120 m langen Mittelstücks über den Rhein war 2016 der bautechnisch anspruchsvolle Höhepunkt. Bereits während der Planungen musste abgeschätzt werden, welche Bewegungen und Kräfte die Lager bei diesem Kraftakt erfahren werden.
30 Kalottenlager für bis zu 6.000 t und 1,5 % Verdrehung
Prognostiziert wurden große Verdrehungen von 1,5 %. Gleichzeitig müssen die Lager hohe Vertikallasten von über 6.000 t aufnehmen. Es wurden deshalb Kalottenlager mit der Gleitpaarung MSM® (MAURER Sliding Material) und Edelstahlblech eingesetzt.
Die großen Verdrehungen wurden mit einem speziell angepassten inneren Gelenk, der Kalotte, realisiert. Diese wurde aus dem hochfesten Material MSA® gefertigt. MSA® ist eine spezielle metallische Legierung, die jegliche Korrosion verhindert und eine Lebensdauer von 100 Jahren, auch unter widrigsten Umgebungsbedingungen, ermöglicht.
Die 30 Kalottenlager wurden im Herbst 2017 bei der ersten Strombrücke eingebaut.
Lärmmindernde Fahrbahnübergangskonstruktionen
Als Fahrbahnübergangskonstruktionen wurden Schwenktraversen mit oben aufgebrachter Lärmminderung gewählt. Diese müssen die Bauwerkspalte aufgrund von thermischen Bauwerksbewegungen an den beiden Deckenden überbrücken. Zugleich muss eine sichere und dauerhafte Funktion bei 90.000 Fahrzeugüberfahrten pro Tag gewährleistet werden. Der Geräuschpegel bei Überfahrt kann mit dieser Art von Dehnfuge um 40 bis 60 % reduziert werden. Die Konstruktionsart Schwenktraverse besitzt keine wartungsanfälligen Bauteile. Die schräg gestellten Traversen ermöglichen eine elastische Zwangssteuerung, die gleich große Fugenspalten erzeugt. Zudem erlaubt dieses Prinzip zwängungs- und ermüdungsfreie Brückenbewegungen in alle Richtungen über 50 Jahre und länger.
Die Ausführung ist regelgeprüft und in ihrer Lärmminderung vom Bundesverkehrsministerium bestätigt. Alle tragenden Teile und lärmmindernden Rautenelemente an der Fugenoberfläche sind verschweißt bzw. es werden keine wartungsintensiven Schraubverbindungen eingesetzt.
Insgesamt wurden beim ersten Überbau vier 22 m breite Fahrbahnübergangskonstruktionen eingebaut. Die zulässigen Brückenlängsbewegungen liegen zwischen 700 und 1100 mm, bei der einprofiligen Übergangskonstruktion bei 95 mm.
MSM® hat gemäß Europäischer Technischer Bewertung ETA-06/0131 eine extrem hohe spezifische, charakteristische Pressung von 180 N/mm². Selbst beim eingerechneten Sicherheitsfaktor von 1,4 sind auf diesen Gleitwerkstoff 128 N/mm² Pressung zulässig. Dadurch konnten die Abmessungen der Kalottenlager auf ein Minimum von ca. 1.600 x 1.500 x 380 mm (bis 4.600 kg Gewicht pro Lager) reduziert werden. Gegenüber herkömmlichen Lagern bedeutet dies ca. 30 % Volumenersparnis. Die in der Gleitpaarung auftretende Reibung wird aufgrund von MSM® auf 2 % begrenzt.