Wiener Reichsbrücke: Ersatz alter Topf- durch kompakte Kalottenlager
Extrem beengte Raumverhältnisse und hohe Auflasten – das waren die Rahmenbedingungen beim Lagertausch an der Reichsbrücke in Wien. Mit leistungsfähigen Kalottenlagern in kompakter Bauweise wurden diese Herausforderungen bewältigt.
Die Reichsbrücke ist für die Wiener ein besonders emotionales Bauwerk. Die heutige Brücke ist bereits die dritte an dieser Stelle. Die Vorgängerin war ein Wahrzeichen Wiens und nach dem Zweiten Weltkrieg die einzige erhaltene Donaubrücke in Wien und weit darüber hinaus. Sie stürzte 1976 ein – infolge einer Verkettung technischer Ursachen, die aber nach damaligem Wissensstand nicht vorhersehbar waren.
Eine der wichtigsten Donauquerungen in Wien
Am 8. November 1980 wurde die neue Reichsbrücke als eine städtebaulich angepasste Konstruktion mit schlichter und einheitlicher Architektur für den kombinierten Verkehr eröffnet. Sie ist heute eine der wichtigsten Donauquerungen in Wien und verbindet den Zweiten Bezirk (Leopoldstadt) mit dem 22. Bezirk (Donaustadt). Zentrumseitig führt die Brücke über die Lassallestraße zum Wiener Prater mit dessen Wahrzeichen Wiener Riesenrad. Bei der Fahrt Richtung Norden blickt man auf das Hauptquartier der Vereinten Nationen in Wien.
Die Reichsbrücke ist eine doppelstöckige vorgespannte Hohlkastenbrücke und beherbergt im Unterdeck zwei U-Bahn-Trassen sowie zwei seitlich angehängte Konstruktionen für den Fuß- und Radverkehr. Auf dem Oberdeck überführt das Brückentragwerk je drei Spuren stadtein- und stadtauswärts. Zudem sind diverse Versorgungsleitungen untergebracht.
Topflager mussten ersetzt werden
Im Zuge der periodischen und geordneten Bauwerksprüfung an der Reichsbrücke wurde festgestellt, dass die Gleitspalthöhen an den Lagern in den Achsen P7 und P10 die Grenzwerte unterschreiten. Auf den Achsen befanden sich je vier der ursprünglichen Topflager, die nun gegen leistungsfähige und dauerhafte Kalottenlager ausgetauscht wurden.
Aus der intensiven Mehrfachnutzung ergaben sich enorm hohe Auflasten von bis zu 54 MN (5.400 t), wie sie für eine innerstädtische Brücke eher selten sind. Herausforderung war, im vorgegebenen, sehr beengten Raum die alten Topflager auszubauen und neue Kalottenlager einzubauen, die heutigen Standards entsprechen.
MAURER-Kalottenlager unter Verwendung der besonderen Gleitpaarung MSM® und MSA® bekamen den Zuschlag, weil sie sich als die technisch und wirtschaftlich beste Ausführungsvariante erwiesen.
Hohe Beständigkeit dank spezieller Metalllegierung
Die Kalotten bestehen aus MSA® (MAURER Sliding Alloy), einer speziellen Metalllegierung für Brücken- und Hochbaugleitlager. Sie überzeugen durch besonderen Korrosionsschutz und sind beständig gegen Luftverschmutzung.
Hohe Auflast, hohe Gleitwegsumme, hohe Verschiebegeschwindigkeit
Die Kalottenlager sind an den Gleitflächen mit MSM® (MAURER Sliding Material) ausgestattet. Im Vergleich zum PTFE hält es mindestens doppelte Pressungen und das Fünffache an Gleitwegen aus, bei bis zu 7,5-facher Verschiebegeschwindigkeit. In Kombination mit MSA® ermöglicht MSM® Gleitreibungszahlen von unter 1 %. Mit diesen Leistungsmerkmalen war es möglich, trotz der hohen Auflast von bis zu 54 MN Lager zu bemessen, die in das vorhandene Raumangebot eingepasst werden konnten.
Niedrige Reibungszahl schützt Unterbau
Zudem stehen die Lager für Dauerhaftigkeit. Das bezieht sich nicht nur auf die Lager und Gleitflächen selbst, sondern auch auf den Bauwerkschutz. Die extrem kleine Reibung bewirkt, dass die Lager nahezu widerstandslos reagieren. Damit reduziert sich die Beanspruchung des Unterbaus auf ein Minimum, wodurch sich die Lebensdauer erhöht.
Eingebaut wurden insgesamt acht Lager, je vier an den beiden Pfeilern P7 und P10 mit den Abmessungen von bis zu ca. 1350 mm x 1350 mm und einem Stückgewicht von bis zu 3,3 t. Die ersten Lager wurden im Oktober 2016 am Pfeiler P10 ausgetauscht, dort war die Zugänglichkeit am besten. Beim Pfeiler P7 musste donauseitig mit Pontons gearbeitet werden.
Eine besondere Erwähnung verdient die Montage: "Hut ab, was die Leute von STRABAG vor Ort geleistet haben", betont Saeed Karimi, Niederlassungsleiter von MAURER Austria. "Sie mussten die meiste Zeit liegend arbeiten." Bauherr war die Magistratsabteilung MA 29 (Brückenbau) der Stadt Wien.