Reminiszenz an Bruno Taut
Hinter dem Berliner Hauptbahnhof entsteht das von den preisgekrönten Barkow Leibinger Architekten entworfene Bürogebäude „Tour Total“ der CA Immo. Der neue Hauptsitz des französischen Mineralölkonzerns Total wird der erste Baustein der sogenannten Europacity sein. Das dominierende Merkmal des schlanken und leicht gebogenen Gebäudes ist seine Fassade.
Es besteht aus dreidimensionalen, teilweise sehr filigranen Vorhangbetonelementen. Die Fassadenelemente erinnern in ihrer Form und Detailausbildung an den berühmten, 1967 verstorbenen Architekten Bruno Taut. Sie zeigen eindrucksvoll die einzigartigen Gestaltungsmöglichkeiten von Beton – wenn Planung, Ausführung, Qualitätskontrolle und Schalhaut höchsten Ansprüchen genügen. Die 1395 Betonfertigteile wurden von der Dreßler Bau GmbH in ihrem Fertigteilwerk in Stockstadt hergestellt. Hier wurde auch die Schalhaut des ostwestfälischen Holzwerkstoffherstellers Westag & Getalit AG eingesetzt.
Der Entwurf wurde von Architekten entwickelt und dann in mehreren Workshops mit einer Gruppe von Entwicklern, Nutzern, externen Experten und Vertretern der Stadt und des Landes Berlin verfeinert. Am Ende wurde Beton als Baumaterial aus Gründen der Langlebigkeit und des Aussehens einer weniger teuren Fassadenversion aus Stahl vorgezogen. Die Architekten entwickelten das sogenannte „K-Modul“ als Grundelement der Fassade des 17-stöckigen Tour Total-Gebäudes. Jedes der 400 Module besteht aus zwei dreidimensionalen Elementen. Ein „K-Modul“ erstreckt sich über zwei Stockwerke und misst 7,35 m x 2,40 m. Die einzelnen Module unterscheiden sich in der Anordnung ihrer diagonalen Kante, die die „K“-Form bildet. Die maximale Tiefe eines Elements variiert um bis zu 25 cm. Die dreidimensionale Struktur der gesamten Fassade entsteht durch die versetzte, gespiegelte Anordnung der Module.
Größte denkbare Herausforderung
Ökonom Daniel Stanik, Leiter des Dreßler-Fertigteilwerks: „Neben der Planung und Herstellung klassischer Betonfertigteile haben wir die Herstellung von speziellen Betonfassaden erfolgreich zu einer eigenständigen Produktionslinie für vielseitigen Architekturbeton ausgebaut. Die Tour-Total-Fassade war jedoch die größtmögliche Herausforderung für das Dreßler-Team. Jeder einzelne Produktionsschritt – Statik, Produktionsbesonderheiten, Logistik und Montage – wurde bis ins kleinste Detail festgelegt. Die termingerechte Produktion und die hohen architektonischen Anforderungen wurden durch strenge Qualitätskontrollen unterstützt. Die Schalungsherstellung und -logistik stellten das Team vor ungewöhnliche Herausforderungen. So wurde beispielsweise ein neuer Wendebalken angeschafft, um den Produktionsprozess zu verbessern."
Die Grundelemente der Fassade wurden in T-Form gegossen. Die vertikale Lisene und die horizontale Brüstung wurden gleichzeitig geformt, wodurch ein Verdrehen der Lisenen unter dem Einfluss horizontaler Windlasten verhindert wurde.
Fertigungstoleranzen von weniger als drei Millimetern
Peter Zahn, Zimmerer- und Schalungstechniker im Fertigteilwerk Stockstadt: „Aufgrund der Maßgenauigkeit mussten viele der schwierigen spitzen Formen, die teilweise gegen 0 konvergierten, mit der Handkreissäge aus den 21 mm dicken Magnoplan-Platten herausgeschnitten werden. Aus unserer Erfahrung heraus konnten die hohen Anforderungen an die Betonoberflächenqualität am besten mit dieser 5-lagigen DUO 360-Sperrholzplatte erfüllt werden.“ Die perfekte Abdichtung der Kanten, die Montage, die gründliche Reinigung der Schalung und das präzise Einlegen der Bewehrung wurden gut dokumentiert. Die Fertigungstoleranzen müssen unter drei Millimetern liegen, da das allgemeine Fugenbild eine Abweichung von maximal +/- 1,5 mm aufweisen darf. „Die abriebfeste Folienbeschichtung der Schalung trug ebenfalls zu den hervorragenden Ergebnissen in Bezug auf Verarbeitung und Lebensdauer bei.“
Der weiße Architekturbeton auf Zementbasis der Module wurde in einer speziell entwickelten Mischanlage hergestellt, die auf dem Gelände des Werks Stockstadt errichtet wurde. Das Gießen und anschließende Verdichten des Betons erfolgte mittels Rütteltischen und Flaschen, aber auch mit der Kelle, was aufgrund der teilweise extremen Geometrien handwerkliches Geschick erforderte. Der letzte Arbeitsschritt war das Absäuern der gesamten Oberfläche von ca. 7.500 m². Durch das abschließende Absäuern erhält das aus Weißzement und Quarzsand bestehende Bauwerk eine elegante Marmoroptik.
450 der insgesamt 1395 Elemente wurden innerhalb von acht Wochen bis Anfang August 2011 vorproduziert und anschließend auf dem Werksgelände witterungsgeschützt gelagert. Anschließend wurden sie auf Anhängern in speziellen Ladeboxen befestigt und gepolstert zur Baustelle transportiert. Subunternehmer begannen dann unter der Aufsicht von Dreßler Bau mit der Montage. Die restlichen Fassadenelemente (Säulenverkleidungen, Brüstungen, T-Säulen, Attiken usw.) wurden bis Ende 2011 hergestellt. Die Montage erfolgte bis zum Frühsommer 2012.
Die Spezifikationen sehen vor, dass die dynamische Fassade als Medium fungiert, das das Gebäude und die Stadt miteinander verbindet. „Durch die Wiederholung und Variation eines Betonfertigteilmoduls wird die Starrheit der gitterartigen Fassade durchbrochen. Die hellen Betonelemente bedecken das Gebäude mit einem dreidimensionalen Linienmuster, das die Licht- und Schatteneffekte auf der Fassade verstärkt.“
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15.05.2013 - Geändert am:
05.03.2025