Felssicherung Mattinger Hänge im Donautal - Felsbau und Naturschutz im Einklang
Die DB-Strecke 5851, Regensburg Hbf. StW 6 - Ingolstadt Hbf. führt zwischen km 10,200 und 13,250 über weite Abschnitte unmittelbar am Fuß von bis zu 60 m hoher, überwiegend vertikaler und teilweise auch überhängender Felswände im Donautal entlang. Die Fahrgeschwindigkeit auf der eingleisigen Strecke liegt bei 120 km/h, im Bereich der Felswände gibt es eine 2-gleisige Überholstelle. Die Felswände werden von Kalksteinen und Dolomiten des Oberen Fränkischen Jura aufgebaut.
Am Fuß der Felswände liegen wiederkehrend zahlreiche Steine und Felsblöcke (mehrere m3), die sich aus den Felswänden gelöst haben. 1990 stürzte bei Bahn km 11,070 ein ca. 3 m³ großer Felsblock aus einer ca. 15 m hohen Klippe ab und überrollte den dort vorhandenen Feldweg. Der Block blieb unmittelbar links des Bahnübergangs und vor Erreichen des Gleises in einer weichen Anschüttung stecken. Im Rahmen einer Sofortmaßnahme wurden 1998 in drei Felsabschnitten kritische Felssturzrisiken durch Sprengungen beseitigt, die endgültige Felsicherung konnte zu diesem Zeitpunkt wg. Eigentums und Problemen bei der naturschutzrechtlichen Genehmigung nicht durchgeführt werden. Es wurde aber 1999 zusätzlich einzelne Bereiche flächig von losem Gestein beräumt.
Im November 2007 kam es erneut in Abschnitt 17 zu einem Ereignis, bei dem ein ca. 0,5 m³ großer Block in das Schotterbett unmittelbar neben dem bergseitigen Gleis fiel. Aufgrund des Vorfalls wurde im Dezember 2007 eine Zusatzberäumung des Teilabschnittes 17 durchgeführt, bei dem erhebliche Kubaturen beräumt wurden. Im Herbst 2008 erfolgte daher in einem weiteren Schritt als Zwischenmaßnahme eine umfangreiche Beräumung zur Verringerung des Felssturzrisikos in den Abschnitten 16 bis 20.
Anschließend an diese Sofortmaßnahme wurde die Dr. Spang GmbH 2009 mit der Planung einer endgültigen Felssicherung der Mattinger Hänge beauftragt. Die Dr. Spang GmbH wurde mit der Objekt- und Tragwerksplanung sowie der Genehmigungsplanung (Naturschutz) für die insgesamt 21 Abschnitte beauftragt. Die Sicherungsabschnitte liegen zwischen km 10,200 und km 11,810 im Gebiet des Regierungsbezirkes Oberpfalz und zwischen km 11,810 und km 13,250 im Bereich des Regierungsbezirkes Niederbayern.
Die Sicherung der Felsböschung wird über eine Kombination der heute dem Stand der Technik entsprechenden Verfahren ausgeführt, die innovativ ergänzt und verbunden werden und im Einklang mit den hohen naturschutzrechtlichen Anforderungen stehen. Die Kombination erfolgt grundsätzlich aus Übernetzung von Teilflächen mit hochfesten Stahldrahtgeflechten unterschiedlicher Maschenweite und Festigkeit, Steinschlagschutzzäunen sowie der Sicherung von Einzelrisiken über Einzelanker bzw. Spannseile (Stahlseilumgurtungen). Die Verfahren wurden von der Dr. Spang GmbH aufgrund einer detaillierten bergsteigerischen Aufnahme und einem Laserscan aller Felskörper in Verbindung mit Schrägbildaufnahmen vom Hubschrauber in allen erforderlichen Details untersucht, beschrieben, in Plänen dargestellt und nach Zustimmung der DB Netz AG und des EBA zur Ausschreibung gebracht. Frühzeitige Festlegungen wichtiger Terminpunkte und eine Einplanung in die Baubetriebsplanung der DB AG waren unumgänglich.
Das Bauvorhaben wurde an die zahlreichen Zwangspunkte angepasst, wie die schwer zugängliche Lage der Felsböschungen, die engen zeitlichen Beschränkungen aus den vorab festzulegenden Streckensperrungen sowie die Berücksichtigung aller Naturschutzbelange. Die Mattinger Hänge sind als Naturschutz- und FFH-Gebiet ausgewiesen. Anträge auf Genehmigung der Arbeiten waren nach intensiver Arbeit mit Genehmigungsbehörden und Verbänden zu stellen, Auflagen zu beachten und Ersatzmaßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen.
Aufgrund der zahlreichen Zwangspunkte steht für die Herstellungsarbeiten jeweils nur ein Zeitfenster von ca. Anfang November bis ca. Ende März zur Verfügung. Da 21 Felsabschnitte über eine Strecke von ca. 3 km zu sichern sind, ist die Herstellung der Sicherungen in insgesamt 4 Bauphasen geplant. In der ersten Bauphase wurde 2010/2011 die Sicherung des Abschnittes 21 durchgeführt, in dem zusätzlich die zwischen Felswand und DB Strecke liegende Straße gefährdet war. Derzeit (2011/2012) laufen die Herstellungsarbeiten für die Sicherung der Abschnitte zwischen km 12,087 und km 12,407 (Bauphase 2). Die Bauphasen 3 und 4 sind jeweils über die Jahreswechsel 2012/2013 sowie 2013/2014 vorgesehen.
Im Rahmen der Entwurfs- und Ausführungsplanung wird für jeden zu sichernden Abschnitt eine statische Bemessung der Sicherungen durchgeführt. Dies beinhaltet u. a. pro Fangzaun eine Steinschlagsimulation mit dem Softwareprogramm ROCKFALL 7.1 zur Festlegung des notwendigen Energieaufnahmevermögens, der erforderlichen Bauwerkshöhe sowie des Standortes unter Beachtung der sich aus der Energieklasse des Fangzauns ergebenden Auslenkung im Ereignisfall (Abstand zum Lichtraumprofil der DB-Strecke).
Des Weiteren wird auf Grundlage des gewählten Übernetzungssystems ein statischer Nachweis zum Nagelraster sowie der Verankerungslängen geführt. Die Ausführungsstatik sowie -pläne beinhalten detaillierte Angaben zu den einzelnen Sicherungskomponenten (Schutzzaun, Übernetzung, Einzelanker, Stahlseilumgurtung). Parallel zur Entwurfsplanung wird im Rahmen der Genehmigungsplanung zur Beurteilung der Eingriffe in die Belange des Naturschutzes zunächst die Inanspruchnahme von geschützten Flächen betrachtet. Dabei werden die Belange des Umweltschutzes/Naturschutzes nach Abstimmung mit den Behörden und unter Berücksichtigung des Landschaftspflegerischen Begleitplans, der FFH-Prüfung sowie der spezifischen Artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) und der Prüfung nach Vogelschutzrichtlinie (SPA) detailliert geprüft und abgewogen. Die daraus resultierenden Randbedingungen und Auflagen werden direkt in die Ausschreibungsunterlagen sowie die Ausführungsplanung eingearbeitet.
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28.09.2012 - Geändert am:
03.03.2020