Anspruchsvolle Geometrie erfordert Abdichtung aus Flüssigkunststoff
Das dienstälteste Großplanetarium der Welt ist das Zeiss-Planetarium im thüringischen Jena. Ein imposanter Bau mit bewusst fragiler Kuppelkonstruktion – so lässt sich das 1926 errichtete Bauwerk treffend beschreiben. Starke Beschädigungen durch jahrelange Umwelteinflüsse machten eine Sanierung der berühmten grünen Kuppel notwendig, bei der die ganze Grazilität der Konstruktion deutlich wurde: Sie stellte eine Herausforderung für die Planer dar und machte besondere Maßnahmen erforderlich.
Die Idee, einen begehbaren Himmelsglobus zur anschaulichen Darstellung der Planetenbahnen zu errichten, stammt aus dem Jahr 1912 und war Ursprung für das Mitte der zwanziger Jahre errichtete Zeiss-Planetarium nach den Entwürfen der Architekten Schreiter & Schlag. Aufgrund starker Beschädigungen wurde 2011 und 2012 eine umfangreiche denkmalgerechte Sanierung der Planetariumskuppel geplant und durchgeführt. Der Denkmalwert steht in engem Zusammenhang mit der zur Entstehungszeit bahnbrechenden Erfindung des sogenannten Zeiss-Dywidag-Systems. So wird ein fragiles, aber statisch stabiles Netzwerk aus Eisenstäben bezeichnet, das von einer dünnen, selbsttragenden Betonschale umhüllt wird. Diese erzielt bei geringem Materialaufwand vergleichsweise große Spannweiten. Die Geometrie der Kuppel stellt dabei eine absolute Besonderheit dar: Die 18 m hohe Kuppel hat einen Durchmesser von 25 m, während die Betonschale nur 6 cm stark ist. Die architektonische Gestaltung der Planetariumskuppel zitiert dabei den Kuppelbau des Pantheons in Rom. Diese fragile Konstruktion war eine besondere Herausforderung für die Sanierungsarbeiten.
Gestaltungsmerkmale im Fokus
Die Erhaltung, Schutz und Wiederherstellung wesentlicher Gestaltungsmerkmale aus den 1920er Jahren war ein zentrales Ziel der Sanierung. Um Beschädigungen und Rissbildung der feinen Tragkonstruktion zu vermeiden, mussten sämtliche Arbeiten erschütterungsfrei durchgeführt werden. Eine mechanische Befestigung der neuen Dämm- und Abdichtungsschicht im Baukörper war wirtschaftlich nicht umsetzbar. Eine weitere Herausforderung war die Durchführung der Arbeiten bei laufendem Betrieb.
Zunächst wurde der Aufbau der geschädigten Dachhaut bis zur Betontragschale rückgebaut, da sich die bauzeitliche Wärmedämmung und ausgleichende Mörtelschicht bereits teilweise zersetzt hatten. Der Aufbau bestand aus einer in Heißabstrich getränkten und aufgeklebten Korkdämmung. Darüber befanden sich als Primärabdichtung grün beschieferte Teerbahnen, die auf Holzringe genagelt waren. Diese Lage aus Holzringen war wiederum über Fangeisen befestigt, das mit der Armierung verbunden wurde. Die in den 1960er Jahren angebrachte Dachhaut bestand aus einer Aluminium-Blechdeckung, die lediglich an der Bestandsabdichtung befestigt wurde. Neben den verschiedenen Umwelteinflüssen war genau diese Konstruktionsart Ursache für die starken Beschädigungen. So kam es bereichsweise zum Versagen der Holzkonstruktion und zum partiellen Abrutschen der Primärabdichtung. Die Lagesicherheit der Gesamtkonstruktion war deshalb nicht mehr gewährleistet und ein Rückbau bis zur Betontragschale erforderlich. Giftige Stäube – insbesondere durch die PAK-Belastung der alten Teerbahnen – stellten eine starke Gesundheitsgefährdung dar, deshalb mussten alle Rückbaumaßnahmen nach entsprechenden Schutzvorschriften durchgeführt werden.
Beim Neuaufbau der insgesamt 1.100 m² großen Fläche kam eine weltweit bisher einmalige Abdichtungsvariante zum Einsatz: Als Dämmung wurde 60 mm starkes Schaumglas des Typs Foamglas T4 mit dem Systemkleber PC 56 vollflächig direkt auf die Betonschale aufgeklebt. Die Stöße wurden ebenfalls verklebt. Anschließend wurde das SikaRoof MTC 18 Flüssigkunststoffsystem von Sika Deutschland als Dachabdichtung appliziert – unmittelbar auf die Foamglasdämmung. Der Vorteil dieses Flüssigkunststoffes ist, dass komplizierte Dachformen sowie schwierig auszuführende Anschlüsse einfach, schnell und nahtlos abgedichtet werden können. Die innovative MTC-Technologie hat außerdem eine extrem kurze Ablüftungszeit, da die Materialhärtung durch Luftfeuchtigkeit in Gang gesetzt wird. Die Abdichtungsschicht ist daher unmittelbar nach dem Auftragen regenfest und wasserdicht, ohne dass dabei CO2 freigesetzt wird.
Farbwechsel zum Ursprung
Der Sikalastic-Flüssigkunststoff des Stuttgarter Bauchemie-Spezialisten Sika war aus mehreren Gründen ideal für die Sanierung des Zeiss-Planetariums: SikaRoof MTC 18 geht einen direkten Verbund mit der Dämmung ein, wobei sich das Material frei an die Kuppelform anpasst. Dies ist mit einer textilen Vlieseinlage nicht zu realisieren, ohne die komplett nahtlose Optik der Kuppelform zu beeinträchtigen – laut Planung war jedoch genau dies eine wichtige Vorgabe. Die hier verwendete Glasvlieseinlage ermöglicht daher eine uneingeschränkt glatte Oberfläche ohne sichtbare Vliesüberlappungen. Ein weiterer Vorteil im Vergleich zu anderen Flüssigkunststoffen ist die kurze Trocknungszeit.
Die Grundbeschichtung Sikalastic-601 BC auf Polyurethanbasis konnte direkt auf die Dämmung aufgetragen werden, in die anschließend das Sika Reemat Premium Glasvlies eingebettet wurde. Um die Auflagen des Denkmalschutzes umzusetzen, wurden die Deckbeschichtung der Abdichtung Sikalastic-621 TC sowie die mineralische Bestreuung als Sonderfarbton "Verdi Green" realisiert. Auch die abschließende Schiefersplitt-Einstreuung konnte in einer grünen Sonderfarbe beschafft werden, so dass die ursprüngliche Teerbahn-Optik wieder vollständig hergestellt werden konnte.
Optimal vorbereitet
Der Rundum-Service der Sika Deutschland ermöglichte eine optimale Vorbereitung: Mustermaterial wurde zur Verfügung gestellt, ausreichend Musterflächen geschaffen und der gesamte Aufbau unter anderem auf das Brandverhalten überprüft. Da ein solch besonderes Projekt eine spezielle Betreuung erfordert, wurde die Baustelle von hoch qualifizierten Anwendungstechnikern der Sika Deutschland überwacht. Diese objektspezifische Ausführungsberatung von erfahrenen Ingenieuren und Technikern bietet dem Bauherrn, dem Planer und dem Dachdecker eine zusätzliche Sicherheit.
Die allseitige Professionalität zahlte sich aus: Im November 2012 konnte die Eigentümerin und Bauherrin, die Jenaer Ernst-Abbe-Stiftung zur Förderung von Wissenschaft, Forschung und Innovation, die Wiedereröffnung des frisch sanierten Zeiss-Planetariums feiern.
Bautafel:
Objekt: | Zeiss-Planetarium Jena |
Standort: | Am Planetarium 5, 07743 Jena |
Bauherr: | Ernst-Abbe-Stiftung, Jena |
Architekten: | Schreiter & Schlag, Jena |
Bauleitung: | Ernst-Abbe-Stiftung, Jena |
Maße Kuppel: | Durchmesser: 25 m
Höhe: 18 m Stärke Betonschale: 6 cm |
Fläche: | 1.100 m² |
Bau Originalgebäude: | 1924 bis 1926 (Dienstältestes Großplanetarium der Welt) |
Sanierung Kuppel: | 2011 und 2012 |
Hersteller Dachabdichtung: | Sika Deutschland GmbH |
Produkte: | Sikalastic Flüssigkunststoff SikaRoof MTC 18 sowie Schiefersplitt als dekorative Bestreuung |
Dachdecker: | Dächer von Christoph Gruß GmbH, Gumperda |
Autor: Thomas Kison
Der Autor ist Produktingenieur Flachdach im Geschäftsbereich Roofing der Sika Deutschland GmbH.
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7172 - Veröffentlicht am:
01.08.2014 - Geändert am:
09.01.2018