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Kunststoffdachbahn für das Finanzamt Garmisch-Partenkirchen

Am Fuße dreier Gebirgsketten wurde das neue Finanzamt Garmisch-Partenkirchen erbaut. Laut staatlichen Vorgaben in Bayern sind Neubauten der Verwaltung in Holzbauweise zu errichten. Das Finanzamt, das für ca. 170 Angestellte gebaut wurde, erfüllt diese Vorgaben vorbildlich und setzt neue Maßstäbe für Bayern. Der moderne, preisgekrönte Neubau erfüllt alle Anforderungen an Ökologie, Ökonomie, ein modernes Arbeitsumfeld und das Gebäudedesign.

Das zweigeschossige Gebäude ist, wie es das Staatliche Bauamt Weilheim formuliert, "eine Vollholzkonstruktion mit filigranen Stahlstützen im Fassadenbereich, Holzstützen aus Brettschichtholz in der Mittelzone und Hohlkastenelementen aus beplankten Brettschichtholzrippen im Erd- und Obergeschoss. Die geschlossenen Fassadenflächen sind als hinterlüftete Holzkonstruktionen mit einer vorgesetzten Lärchenholzlattung gefertigt". Für die Dachabdichtung dieser Vollholzkonstruktion wählten die Planer eine Kunststoffdachbahn. Diese hat die Vorteile des geringen Gewichtes, welche die Statik kaum beeinflusst, und einer Verarbeitung ohne offene Flamme. Um auch vom Berggipfel ein einheitliches Bild der Stadt zu zeigen, wurde auf dem weit auskragenden Dach eine Abdichtung in der Farbe kupferbraun, im Sprachgebrauch auch ziegelrot genannt, aufgebracht, welche ein natürliches Erscheinungsbild der Dachflächen gewährleistet.

Auf den Holzwerkstoffplatten des ca. 3.300 m² großen Flachdaches wurde als erstes eine kalt verklebte Bitumendampfsperrbahn aufgebracht. Auf dieser eine Mineralfaserdämmung und als oberste Schicht eine Sarnafil® TS 77 Kunststoffabdichtungsbahn aus flexiblen Polyolefinen (FPO) in 2,0 mm Dicke. Da bei diesem Gebäude viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wurde, fiel die Entscheidung für die Bahn aufgrund des guten Ökoprofils und der Rezeptur- und produktionsbedingten Eigenschaften wie: Weichmacherfreiheit, hohe Witterungs- und Alterungsbeständigkeit sowie Recycelbarkeit.

Auf dem Grundstück vorhandenes Ziegelmaterial wurde geschreddert und später in Form von Splitt als Auflast auf dem Dach verwendet. Wegen des mangelnden Gewichtes dieses Splitts musste die Kunststoffabdichtungsbahn trotz der Auflast mechanisch befestigt werden. Durch das verwendete Linien-Befestigungssystem mit Schienen werden die Windsogkräfte gleichmäßig in die Holzkonstruktion eingeleitet. Die Breite der Bahnen ist frei wählbar, da nicht im Naht/Saum-Bereich befestigt wird. Somit können wirtschaftliche und verarbeitungsfreundliche 2-m-Bahnen zum Einsatz kommen, durch die sich auch die Anzahl der zu verschweißenden Heißluftnähte verringert. Ein individueller Verlegeplan, entsprechend der DIN 1055-4, wurde vom Hersteller erstellt. Wegen des scharfkantigen Ziegelsplitts wurde die Dachabdichtung vor Aufbringung der Auflast mit einer Bautenschutzbahn abgedeckt.

Die weit auskragenden, rundum verlaufenden Vordächer wurden ohne Wärmedämmung ausgeführt. Hier konnten direkt auf die Holzwerkstoffplatten ein Polyestervlies als Schutz- und Trennlage und die Kunststoffabdichtungsbahn aufgebracht werden. Vor dem Dachrandabschluss verläuft auf sämtlichen Vordächern eine ca. 30 cm breite Rinne zur zuverlässigen Entwässerung der gesamten Dachflächen. Die Anbindung der Attika an die Dach- bzw. Rinnenbereiche wurde als gespannte Variante ausgeführt. Dies hat den Vorteil, dass kein Klebstoff benötigt wurde und somit relativ witterungsunabhängig gearbeitet werden konnte. Auf der Attikakrone ist die verwendete Anschlussbahn winddicht und kraftschlüssig über einen Verbundblechwinkel mit dem Bauteil verbunden. Für eine einheitliche Farbegestaltung des Daches wurden sämtliche Anschlüsse in ziegelrot ausgeführt. Die Attika wurde nach Fertigstellung der Abdichtungsarbeiten mit einer Mauerabdeckung aus beschichtetem Aluminium in dunkelgrau verwahrt.

Um ein optimales Zusammenspiel zwischen verwendetem Material und Ausführung der Dacharbeiten sicherzustellen und zu dokumentieren, wurde das Dach TÜV-zertifiziert. Diese Zertifizierung beinhaltet die Produktionskontrolle der Materialien, hoch qualifizierte, vom TÜV freigegebene Anwendungstechniker, produktspezifische Schulungen für den ausführenden Handwerksbetrieb sowie eine besondere Betreuung der Baustelle und mündet in einem baustellenspezifischen Schlussprotokoll des TÜV-Süd. Dies bietet dem Bauherrn und Planer besondere Sicherheit. Vor dem Gebäude befindet sich ein langgezogener Carport, auf den eine aufgeständerte Photovoltaikanlage montiert wurde. Diese erzeugt bis zu 30 kWp Strom. Aufgrund der vielen Durchdringungen und der unmittelbar oberhalb der Abdichtungsebene montierten PV-Module musste die Abdichtung für dieses Nebengebäude einfach an die vielen Befestigungspunkte anzuschließen und hinterlaufsicher auszuführen sein. Hier wurde das Flüssigkunststoffsystem SikaRoof® MTC 18 eingesetzt. Dieses erreicht eine sehr schnelle Regenfestigkeit und kann durch geringe Wartezeiten zwischen der Verarbeitung der einzelnen Schichten schnell und auch bei schlechterer Witterung verarbeitet werden.

Der Carport des Finanzamtes Garmisch-Partenkirchen ist konstruktiv eine stark geneigte Ortbetonfläche, in die die Verankerungspunkte der Photovoltaikanlage integriert sind. Diese geneigt Fläche läuft in einer Wanne aus, in der die Entwässerung stattfindet. Die ca. 400 m² große Betonfläche wurde mit einem schnelltrocknenden zweikomponentigen Concrete Primer vorbehandelt. Danach wurde eine Grundbeschichtung aufgebracht, in welche die Systemvlieseinlage Reemat eingebettet wurde. Im Gegensatz zu herkömmlichen Polyestervliesen wird beim Kontakt dieser Vlieseinlage mit dem Flüssigkunststoff die Struktur frei formbar, so sind Details sehr schnell funktionssicher abzudichten. Nachdem die Grundbeschichtung vollständig abgetrocknet ist, wird direkt darauf die Deckbeschichtung appliziert. Dieses 2-Schicht-System erleichtert dem Verarbeiter die Kontrolle der aufgetragenen Materialmenge sowie der benötigten Schichtdicke und kommt bei größeren Flächen, einer Vielzahl von Anschlüssen und komplexen Details zur Anwendung. Bayern hat für dieses einzigartige Gebäude eine Zertifizierung nach den Kriterien für Nachhaltiges Bauen des Bundes (BNB) beantragt, denn u. a. unterschreitet das Gebäude die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) klar und bietet z. B. mit Wärmepumpenanlagen und Photovoltaik viel alternative Energiegewinnung. Die Auszeichnungen erhielt das Gebäude u. a. für "die Klarheit der Gebäudestruktur und Konstruktion, aber auch die Qualität der Höfe, der Innenräume und des Ausbaus dokumentieren hervorragend die heutigen Möglichkeiten eines innovativen und nachhaltigen Holzbauwerks".

Bautafel

Finanzamt Garmisch-Partenkirchen
Bauherr: Bayrisches Staatsministerium der Finanzen, München
Architekt: Reinhard Bauer Architekten, München
Bauleitung: Architekturbüro Scheck, Garmisch-Partenkirchen
Hersteller Dachabdichtung: Sika Deutschland GmbH, Stuttgart
Produkte:
  • Sarnafil® TS 77-20 (Kunststoffabdichtungsbahn)
  • SikaRoof® MTC 18 (Flüssigkunststoff)
  • Sarnabar Befestigungssystem
Verleger: Tectus Flachdachabdichtungen GmbH, München
Auszeichnungen:
  • Wessobrunner Architekturpreis 2012
  • Oberösterreichischer Holzbaupreis 2012
  • Rosenheimer Holzbaupreis 2012

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Garmisch-Partenkirchen, Garmisch-Partenkirchen (Kreis), Bayern, Deutschland (2011)

  • Über diese
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  • Product-ID
    6216
  • Veröffentlicht am:
    09.04.2013
  • Geändert am:
    09.01.2018