Deutscher Bauingenieur.
Biografische Angaben
Name: | Roland Bechmann |
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Geboren | 1973 in Berlin, Deutschland, Europa |
Wirkungsstätte(n): |
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Kurzportrait
Roland Bechmann ist Vorstand und Partner des Ingenieurbüros Werner Sobek in Stuttgart. Er studierte an der Universität Hannover Bauingenieurwesen und ist seit 2000 bei Werner Sobek tätig. Roland Bechmann leitet die Abteilung für Akquise und Wettbewerbe. Im Bereich der Projektarbeit verfügt er über umfangreiche Erfahrungen, insbesondere im Bereich komplexer Großprojekte wie z.B. der ADAC-Zentrale in München oder dem neuen Tiefbahnhof in Stuttgart. Seit 2013 ist Herr Bechmann deutscher Landesvertreter des CTUBH (Council on Tall Buildings and Urban Habitat). Seit 2017 ist er außerdem Mitglied des Ausschusses für Wettbewerbe und Vergabe der Ingenieurkammer Baden-Württemberg.
7 Fragen zum Thema „Nachhaltigkeit im Bauwesen“ an Roland Bechmann, Vorstand der Werner Sobek AG
1. Was hat Sie dazu veranlasst, sich sowohl privat als auch beruflich nachhaltig zu orientieren? Was ist Ihre persönliche Motivation dabei?
Bei einfacher Betrachtung der Fakten wie zum Beispiel zur globalen Erwärmung, Umweltschädigung oder Ressourcenknappheit wird schnell klar, dass eine fortschreitende Industrialisierung ohne nachhaltige Transformation die Lebensgrundlage der meisten Menschen zerstört. Auch durch eine gewisse familiäre Vorprägung waren mir diese Zusammenhänge immer bewusst, so dass ich nachhaltiges Bauen bereits im Studium zu einem meiner Schwerpunkte gemacht hatte. Hinzu kam dann ein Vortrag von Werner Sobek, den ich Ende der 1990er Jahre in Hannover hörte. In diesem thematisierte er bereits damals sehr präzise die Verantwortung des Ingenieurs für materialoptimierte Strukturen und recyclinggerechtes Bauen. Anders als viele andere zu der Zeit zeigte er aber Lösungen auf, die nicht nur nachhaltig waren, sondern die auch höchsten ästhetischen Ansprüchen gerecht wurden. Das hat mich fasziniert und letztendlich nach Stuttgart geführt.
2. Welche Bedeutung hat nachhaltiges Bauen für ihre Firma?
Nachhaltigkeit ist unsere Triebfeder. Firmengründer Werner Sobek hat dies schon sehr früh in der Triple Zero Strategie verankert: Zero Energy, Zero Emissions, Zero Waste. Unser Ziel ist eine gebaute Umwelt, die atemberaubend schön ist und die gleichzeitig den Interessen kommender Generationen gerecht wird. Wir wollen für mehr Menschen emissionsfrei und mit weniger Material bauen. Die Arbeiten von Werner Sobek zeichnen sich deshalb durch hochklassige Gestaltung, innovative konstruktive Lösungen und integrale Konzepte zur Minimierung von Energie- und Materialverbrauch aus.
3. Bis 2030 sollen im Vergleich zu 1990 im Gebäudesektor 66-67% weniger Emissionen ausgestoßen werden. Schaffen wir das mit den aktuellen Bestrebungen und Anreizen der Bundesregierung?
Nein – jedenfalls nicht, wenn die Anreize und Vorgaben der Bundesregierung weiterhin so stark auf die Betriebsenergie allein fokussieren. Wir müssen statt der Nutzungsdauer viel stärker auf den gesamten Lebenszyklus schauen.
Und dabei nicht so sehr auf den Energieverbrauch als solchen, sondern auf die damit zusammenhängenden Emissionen abzielen, denn diese sind das eigentliche Problem!
4. Warum ist die sogenannte Graue Energie dabei so wichtig?
Kurz vorab: Wir sprechen in der Regel nicht von „grauer Energie“, sondern von „grauen Emissionen“. In unseren Augen ist die Menge der erzeugten Emissionen wichtiger als die Menge der verbrauchten Energie. Bei einem heute erstellten Bürogebäude mit hohem energetischen Standard entfallen ca. 50 % der gesamten Emissionen auf die Herstellungsphase, also auf die Gewinnung und Herstellung der Baustoffe und Komponenten sowie auf den Bauvorgang selbst.
Dieser Anteil wird, zusammen mit den für die Wartung und Rückbau des Gebäudes anfallenden Emissionen, auch als „graue Emissionen“ bezeichnet. Im Gegensatz zu Emissionen während der Betriebsphase entstehen die grauen Emissionen nicht über einen längeren Zeitraum, sondern in kurzer Zeit – und wirken dann in vollem Umfang über einen langen Zeitraum hinweg. Hinsichtlich des Schädigungspotentials für unser Klima ist die Errichtungsphase eines Gebäudes deshalb wesentlich wichtiger als der Betrieb.
5. Wie schaffen wir es? Welche Möglichkeiten (Baustoffe, Bauweisen) gibt es?
Der Umfang der grauen Emissionen hängt eng mit der Gestaltung des Tragwerks zusammen, da dieses den größten Einfluss auf den Materialverbrauch und damit auch auf die Ökobilanz eines Gebäudes hat. Ziel von Werner Sobek ist es daher immer, die eingesetzten Baustoffmengen soweit wie möglich zu reduzieren und möglichst klimafreundliche Materialien zu verwenden. Wo immer möglich sollte bestehende Bausubstanz erhalten werden. Neue Bausubstanz sollte idealerweise aus nachwachsenden Rohstoffen oder aus Rezyklierprozessen gewonnen werden – auf jeden Fall muss die neue Bausubstanz aber zu 100 Prozent in technische oder biologische Kreisläufe rückführbar sein. Weitere Maßnahmen sind die Masse-Optimierung aller Bauteile (z.B. durch den Einsatz von Hohlkörperbauteilen), der Einsatz von CO2-reduzierten Zementen sowie die Reduktion von Emissionen im Herstellungs- und Lieferprozess vieler weiterer Bauteile.
6. Nachhaltiges Bauen wird fast immer im Zusammenhang mit Gebäuden gesehen. Wie sieht es beim Bau von Brücken, Tunneln und anderen Ingenieurbauwerken aus? Wie kann hier nachhaltiger gebaut werden?
Da bei Ingenieurbauwerken oft nur geringe Betriebsenergien anfallen, stehen diese bislang nicht im Fokus, wenn über nachhaltiges Bauen gesprochen wird. Da aber bei Ingenieurbauwerken oft besonders viele graue Emissionen anfallen, müssen wir diese natürlich in die Betrachtung mit einbeziehen. Wir müssen bei jeder Maßnahme sorgfältig prüfen: Ist sie wirklich notwendig – und langfristig nachhaltig? Gibt es Alternativen wie z.B. statt eines Neubaus die Ertüchtigung bestehender Strukturen? Wenn ein Neubau erforderlich ist, gilt: Wir müssen sicherstellen, dass der Neubau mit möglichst wenig Material und möglichst wenigen Eingriffen in die natürliche Umwelt realisiert wird. Die neue Struktur muss so konstruiert sein, dass Wartung, Sanierung und Umnutzung möglichst einfach umgesetzt werden können – und dass später ein Rückbau samt Rückführung aller verwendeten Baustoffe in natürliche oder technische Kreisläufe problemlos möglich ist.
7. Warum fällt uns nachhaltiges Bauen bzw. gar Handeln so schwer?
Der Leidensdruck ist offensichtlich noch nicht groß genug. Wir haben in den letzten Wochen ja erlebt, wie schnell und umfassend Regierungen und Gesellschaften auf dem ganzen Globus reagieren können, wenn die Bedrohung nur ernst genug erscheint. Klimawandel und Ressourcenmangel sind für viele anscheinend immer noch nicht wichtig (oder bedrohlich) genug, weil dramatischen Auswirkungen erst deutlich zeitversetzt zu unserem Handeln eintreten. Wir müssen deshalb in den kommenden Monaten und Jahren noch sehr viel stärker als bisher daran arbeiten, den ja eigentlich bereits mit dem Pariser Klimaabkommen beschlossenen Kurswechsel auch wirklich umzusetzen. Wir brauchen eine breit angelegte Diskussion und Willensbildung, um die dringend erforderlich Änderung unserer gesamtgesellschaftlichen Zielsetzung zu erreichen. Und sicherlich benötigen wir für das Themenfeld der grauen Emissionen auch regulatorische Eingriffe, so wie es diese für die Betriebsenergie in Form der EnEV bereits seit Jahren gibt.
Interview veröffentlicht am 6. Mai 2020.
Bibliografie
- Challenges in structural design and execution: Stuttgart's new central station. In: Structural Concrete, v. 25, n. 3 (13 Mai 2024), S. 1508-1527. (2024):
- Emissionsarmes Bauen mit Beton: Perspektiven und Handlungskorridore. In: Beton- und Stahlbetonbau, v. 118, n. 5 (Mai 2023), S. 332-340. (2023):
- Graue Emissionen im Bauwesen – Bestandsaufnahme und Optimierungsstrategien. In: Beton- und Stahlbetonbau, v. 116, n. 12 (Dezember 2021), S. 969-977. (2021):
- Innovative Bautechnik im Herzen Asiens - die EXPO 2017 in Astana, Kasachstan. In: ce/papers, v. 2, n. 1 (Mai 2018), S. 51-57. (2018):
- Efficiency and beauty - steel structures by Werner Sobek. In: Steel Construction, v. 11, n. 2 (Mai 2018), S. 125-132. (2018):
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1011289 - Veröffentlicht am:
24.04.2020 - Geändert am:
28.04.2020