0
  • DE
  • EN
  • FR
  • Internationale Datenbank und Galerie für Ingenieurbauwerke

Anzeige

Allgemeine Informationen

Baubeginn: 2005
Fertigstellung: 2011
Status: in Nutzung

Bauweise / Bautyp

Preise und Auszeichnungen

2013 Einreichung  

Lage / Ort

Lage: , , ,
Adresse: Plaza de la Encarnación
Koordinaten: 37° 23' 36" N    5° 59' 30" W
Koordinaten auf einer Karte anzeigen

Technische Daten

Abmessungen

Höhe max. 28 m
Gesamtlänge 150 m

Baustoffe

Plattform Stahl
Gebäudekonstruktion Furnierschichtholz mit Polyurethanbeschichtung
Schäfte Stahlbeton

Anwendungsberichte und verwendete Produkte

Korrosionsschutz beim "Metropol Parasol" – Sichere Kraftübertragung bei Stahlverbindungsteilen

Korrosionsschutz beim "Metropol Parasol" – Sichere Kraftübertragung bei Stahlverbindungsteilen

Der "Metropol Parasol" in Sevilla ist eine der größten Holzkonstruktionen weltweit. Rund 61.000 Stahlbauteile verbinden die Holzplatten der Struktur - und sind nicht nur Sonne und Regen, sondern auch der Me ... [mehr]

Metropol Parasol – Die Holzkonstruktion

Gestalt und Funktion

Die Stadt Sevilla wünschte die Erneuerung und Aufwertung des vernachlässigten Plaza de la Encarnación inmitten der Altstadt. Darauf reagiert Metropol Parasol mit einem städtebaulich, architektonisch und vor allem tragwerkstechnisch innovativen, ganzheitlichen Konzept. Es vereint, vertikal übereinander gestapelt, eine archäologische Ausgrabungsstätte, eine Markthalle, einen städtischen Platz und Open-Air Veranstaltungsort und eine spektakuläre Verschattungskonstruktion aus Holz mit integriertem Restaurant und Aussichtswegen. Konzipiert als städtebaulicher Attraktor lenkt es Einheimische und Touristen gleichermaßen in den bisher vernachlässigten Teil der Altstadt von Sevilla.

Struktur und Material

Aus dem Thema der Verschattung entwickelten die Architekten von JMH das Motiv der sechs ineinandergreifenden amorphen „Pilze“ oder „Baumkronen“ aus Holz. Diese Parasols sind insgesamt 150 m lang, 75 m breit und bis zu 28 m hoch. Vom Untergeschoss bis zu den Schirmen antwortet die Materialität auf die unterschiedlichen Anforderungen an die jeweiligen Bauteile. Folgerichtig entstand eine hybride Gesamtkonstruktion aus Beton, Stahl und Stahlverbund, überragt von den freigeformten Parasols aus Furnierschichtholzplatten. Auf diesen schlängeln sich aufgeständerte Aussichtswege aus Stahl. Im mittleren Bereich der Verschattungskonstruktion, auf +21,5 m Höhe, befindet sich das Aussichtsrestaurant. Aus Gründen des Brandschutzes und den sehr hohen Verkehrslasten wird das Restaurant von einen Stahlverbundtisch getragen, der von unterschiedlich geneigten Stahldruckstreben gestützt wird.

Definierte Verbindungseigenschaften innerhalb der Hybridkonstruktion

Die steifere Struktur der Stahlverbundkonstruktion im Restaurant wurde auf Höhe der Stahlträger elastisch mit der flexibleren Holzkonstruktion gekoppelt, so dass sich beide Teiltragwerke gemeinsam am horizontalen Lastabtrag beteiligen. Um die Kräfte in den einzelnen Koppelstellen anzugleichen, wurden Federpakete aus gestapelten Tellerfedern entwickelt, die mit den Verbindungsstangen vorgespannt wurden.

Größte tragende Furnierschichtholzkonstruktion der Welt

Die Holzstruktur der Parasols ist das Ergebnis eines langwierigen interdisziplinären Entwurfs-prozesses. Der Wettbewerbsgewinn basierte noch auf einer Stahlrohrlösung mit einer maschen-artigen, metallenen Bekleidung. Aus dem Wunsch des Designteams, die Trennung in Tragstruktur und Fassade aufzuheben, entstand die endgültige Lösung mit bis zu 3 m hohen Furnierschichtholz-scheiben von 68 mm bis 311 mm Breite. Das Schnittmuster der Holzscheiben entstand, indem ein räumliches Umrissmodell mit einem orthogonalen 1,50 m x 1,50 m Raster vertikal durchschnitten wurde. Im Dialog zwischen Architekt und Tragwerksplaner wurde die so gewonnene Form statisch verbessert und an die konstruktiven Erfordernisse des Holzbaus angepasst. Mit Hilfe der Stahl-diagonalen konnte die Tragwirkung einer Gitternetzschale mit hoher Biegesteifigkeit eigestellt werden. Das Ergebnis unterscheidet nicht mehr zwischen Architektur und Tragwerk.

Die Holzkonstruktion wurde aus ca. 3400 unterschiedlichen Einzelteilen und insgesamt ca. 3500m³ Furnierschichtholzplatten des Typs Kerto-Q gefertigt. Die im Vergleich zu Stahl geringere Holzfestig-keit ergab automatisch die architektonisch gewünschten Scheibenbreiten, so dass ein Beulversagen im Schirmbereich, im Gegensatz zu einer Stahlblechlösung, nicht auftrat.

Automatisierte Tragwerksoptimierung

Die statische Analyse des Tragwerks war gerade noch mit dem PC möglich, benötigte aber für einen Durchlauf fast einen Tag Rechenzeit. Für die iterative Anpassung der Bauteilbreiten und der Lasten aus den Verbindungen wurde eine spezielle Berechnungsroutine zur automatisierten Optimierung der Bauteilabmessungen programmiert.

Weltweit erster Einsatz einer hochelastischen 2-3 mm dicken Polyurethan-Sprühbeschichtung für tragende Holzkonstruktionen

Zum Witterungsschutz wurden die Holzscheiben mit einer hochelastischen, 2-3mm dicken Polyurethan-Beschichtung besprüht. Diese neuartige Beschichtung kann Risse bis zu 4 mm problem-los überbrücken und erfordert nur alle 10-15 Jahre einen neuen UV-Schutzanstrich. Damit waren weitere konstruktive Holzschutzmaßnahmen, wie z. B. unschöne Verblechungen, nicht nötig. Dank der PUR-Beschichtung konnten die direkt bewitterte Holzteile in die Nutzungsklasse 2 eingestuft werden, was rechnerisch eine 29% höhere Festigkeit und weniger als die Hälfte der Kriech-verformungen zur Folge hatte. Außerdem erlaubte diese Beschichtung den Ingenieuren und Architekten ganz neue Möglichkeiten der Detaillierung von Holzkonstruktionen.

Neue Hochleistungsverbindungen im Holzbau

Die ca. 2700 unterschiedlichen Verbindungen übertragen Kräfte von maximal 1,0 MN. Sie bestehen aus einem Stahlbauteil in Kombination mit eingeklebten Gewindestangen – ein Anschluss mit maximaler Tragfähigkeit bei gleichzeitig geringstem Gewicht. Alle Verbindungen sind zwar im Grund-riss rechtwinklig, ansonsten aber geometrisch unterschiedlich. Deshalb wurde ein Baukastensystem entwickelt, das mit einer geringen Anzahl von Verbindungskomponenten alle Anschlussgeometrien und –kräfte übertragen kann. Die Momente und Normalkräfte werden an der Ober- und Unterseite der Holzscheiben mit drehbaren Gabelkopfverbindungen übertragen, die auf der Baustelle schnell durch einen Stahlbolzen mit dem Nachbarbauteil gekoppelt wurden. Zum Toleranzausgleich wurden die Laschen der Gabelkopfverbindung über eine Verzahnung an die Grundplatte des Anschlussstahl-teils angeschlossen und mit hochfesten, vorgespannten Schrauben gesichert. Zur Querkraftüber-tragung und zum Diagonalenanschluss wurden vor Ort je vier Stahlwinkel pro Knoten an die Holz-scheiben genagelt und ermöglichten so den problemlosen Toleranzausgleich.

Weltweit erste Temperung von geklebten Verbindungen im Holzbau

In Sevilla erreichen die Temperaturen im Sommer deutlich über 40°C im Schatten. Thermische Simulationen zeigten, dass dann die Klebefugen der Gewindestangen mehr als 60°C heiß werden. Die für das Einkleben der Gewindestangen zugelassenen Epoxidharz-Kleber erweichen jedoch bei Tempe-raturen von über 60°C. Deshalb wurde für Metropol Parasol - erstmalig im Holzbau - ein Verfahren entwickelt, das die Glasübergangstemperatur üblicher Epoxid-Harze durch eine sogenannte Temperung erhöhen kann. Dabei wird durch eine gezielte Wärmezufuhr eine weitergehende Vernetzung der Moleküle des Klebers erreicht und damit auch eine höhere Temperaturbeständigkeit. Versuche zeigten, dass eine nachträgliche Erwärmung von Holzträger und eingeklebten Zugstangen auf 55°C die Glasübergangstemperatur sicher auf über 80°C anhebt. Zur aufwändigen Temperung der 3400 Einzelteile nutzte der Holzbauer seine im Werk vorhandene Trockenkammer.

Innovation im Ingenieurholzbau - nachwachsendes Holz als High-Tech-Material

Die ungewöhnliche Form und Größe des Projekts Metropol Parasol machte die Entwicklung einiger Weltneuheiten im Ingenieurholzbau notwendig. So wurden erstmals Furnierschichtholzscheiben als Tragstruktur in solch großem Maßstab eingesetzt. Zur Berechnung wurden spezielle automatisierte Routinen zur Optimierung der Bauteilabmessungen programmiert. Neuartige Hochleistungs-verbindung wurden entwickelt, die an unterschiedliche Geometrien anpassbar sind. Für die einge-klebten Gewindestangen wurde ein Verfahren zur Erhöhung der Glasübergangstemperatur für Epoxid-Kleber entwickelt und weltweit erstmals im Holzbau angewandt.

Der weltweit erstmaligen Einsatz einer hochelastischen PUR-Beschichtung als Witterungsschutz für tragende Hölzer ergab eine extrem dauerhafte und damit nachhaltige Holzkonstruktion. Deren ökologischen Vorteile wurden durch die Verleihung des Holcim-Award in Bronze bestätigt.

Das Projekt Metropol Parasol ist ein Demonstrator der neuesten gestalterischen und technischen Freiheiten und Möglichkeiten im Ingenieurholzbau. Es trägt entscheidend zu einem positiven Image-wandel des Werkstoffs Holz bei. Das nachwachsende Holz wird heute als High-Tech-Material wahrgenommen.

Erläuterungsbericht von Prof. Dr.-Ing. Volker Schmid (Arup Deutschland GmbH) zur Einreichung beim Ingenieurbau-Preis 2013

Relevante Webseiten

Es sind derzeit keine relevanten Webseiten eingetragen.

Relevante Literatur

Weitere Veröffentlichungen...
  • Über diese
    Datenseite
  • Structure-ID
    20058376
  • Veröffentlicht am:
    29.09.2010
  • Geändert am:
    06.03.2018
Structurae kooperiert mit
International Association for Bridge and Structural Engineering (IABSE)
e-mosty Magazine
e-BrIM Magazine