Schwarze Leichtbetonfassade für ein Wohn- und Geschäftsgebäude in Berlin-Mitte
Ein kubischer Stahlbeton-Massivbau verändert das städtebauliche Erscheinungsbild in Berlin-Mitte und sorgt für Gesprächsstoff. Schalungsplatten der Westag & Getalit AG brachten ihn in Form und Farbe zur Geltung.
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Das Projekt Linienstraße 40 (L 40) entstand im Rahmen eines vom Verein zur Förderung von Kunst und Kultur am Rosa Luxemburg Platz e.V. initiierten Programms in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Cosima von Bonin. Das von Roger Bundschuh, BundschuhBaumhauer Gesellschaft von Architekten mbH, und Cosima von Bonin entworfene sechsgeschossige Wohn- und Geschäftsgebäude ist gekennzeichnet durch einen reizvollen Kontrast: außen eine skulpturale Form mit monolithischen, schwarzen, weitauskragenden und übereinandergeschichteten Baukörpern, dazu im Gegensatz innen 3 und 7 m hohe, lichtdurchflutete Räume. Das auf einem 4500 m² großen Grundstück befindliche Gebäude kostet dem Auftraggeber, der Immobiliengesellschaft Albion GmbH, Berlin, ca. 3,5 Millionen €. Baubeginn war im August 2008, fertiggestellt wurde es 2010. Gegründet ist es auf einer 50–100 cm dicken Stahlbetonfundamentplatte, dehnungsfugenlos mit erschütterungsdämpfender Polyurethanschaummatte auf einer 25 cm dicken Stahlbetonplatte.
Interessante Eigendynamik
Das Gebäude bietet Platz für neun Eigentumswohnungen mit Flächen von ca. 70 bis mehr als 300 m². Außerdem gibt es im Erdgeschoss drei Laden- bzw. Gewerbeeinheiten von 56 bis 152 m². L 40 entwickelte im Laufe seiner Entstehung eine interessante Eigendynamik, denn es wurde größer und größer und verwandelte sich schließlich in eine Art skulpturale Architektur. Mit Birgit Steenholdt-Schütt, die sowohl Vorstand des Verein zur Förderung von Kunst und Kultur am Rosa-Luxemburg-Platz e. V. als auch Eigentümerin der Wohnhäuser am Südrand des Platzes ist, fand man eine verständnisvolle Bauherrin. Mehrere Bauunternehmen waren seinerzeit aufgefordert, Bemusterungsflächen der Fassade als spitze und stumpfe Ecken, Fensterausschnitte usw. zu erstellen. Die Musterflächen des Bauunternehmens BSS Beton-System-Schalungsbau GmbH aus Berlin überzeugten die Architekten auf Anhieb. Das 1992 gegründete Spezialunternehmen für Schalungs- und Betonarbeiten gehört zu den leistungsstärksten Mittelständlern Berlins und bietet die gesamte Bandbreite vom Rohbau bis zur schlüsselfertigen Erstellung komplexer Objekte. Die Herausforderungen der Architekten meisterte das Unternehmen mit Kompetenz, hoher Erfahrung und dank der betontechnologischen Unterstützung der FBL Fläming Baustoff-Labor GmbH. Das Architekturbüro BundschuhBaumhauer verfolgte auch bei L 40 den Anspruch, konzeptionell und ergebnisoffen zu planen – ohne vorgefasste formale oder ästhetische Grundsätze, denn nur so kann man elegante Formen und überzeugende Sichtbetonoberflächen entwickeln.
Schaltafel RS spezial vertraglich festgeschrieben
Die hinreichend gleichmäßige Oberfläche war bei diesem anspruchsvollen Projekt nur mit einer saugenden Schalhaut erreichbar. Als BSS bei der ersten Musterfläche die Schaltafel RS spezial als Unterscheidung zwischen zwei nichtsaugenden Platten ausschalten, stellte sich heraus, dass sie die weitaus bessere und dunklere Oberfläche und die geringsten Kalkausblühungen lieferte. Deshalb wurde die Verwendung der Westag RS spezial als Schalhaut vertraglich festgeschrieben. Allerdings mussten nach Auftragserteilung weitere Musterflächen hergestellt werden, denn die optimale Rezeptur des Leichtbetons herauszutesten gestaltete sich als ein aufwendiger Prozess. Es wurden Versuche mit Innen- und Außenrüttlern, mit ungewässerten und gewässerten RS spezial durchgeführt, das optische Bild der Schalungsstöße bzw. deren Abdichtung und die Befestigungssysteme erprobt und mehrfach verbessert. Auch das Verhalten der Betonflächen bei Aufbringung eines Antigraffiti-Beschichtungssystems wurde untersucht. Eine möglichst dunkle, fast schwarze und gleichmäßige Oberfläche mit einem natürlichen Erscheinungsbild hatten die Architekten festgeschrieben. Kalkausblühungen und Lunkerbildungen waren zu vermeiden, ebenso Farbunterschiede und glänzende Stellen, die das Erscheinungsbild ebenfalls hätten beeinträchtigen können. Auch das Fugenbild war definiert. In Labor-Vorversuchen wurden die unterschiedlichen Zementsorten, die Farben sowie die in Berlin üblichen Ausgangsstoffe erprobt, denn Sichtbetonbaustellen sind besonders heikel, wenn Leichtbeton ins Spiel kommt. Eingefärbter Beton, wie bei diesem Bauvorhaben, erhöht den Schwierigkeitsgrad deutlich.
Leichtbeton: aufwendige Entwicklung
Mit der Entwicklung und Umsetzung eines optimalen Leichtbetons wurde die Fa. Lichtner-Dyckerhoff beauftragt. Er sollte als Basis für eine konstruktive, bauphysikalische und wirtschaftliche Lösung sorgen. Nach umfangreichen Laboruntersuchungen entstand ein Konstruktions-Leichtbeton, der statt Sand und Kies entsprechende Anteile Liapor in adäquater Körnung und Mischung enthielt. Von dem Baustoff mit einem hohen Zementanteil (CEM III/A 42,5) von 375 kg mit 2/10 mm Blähtonzuschlägen und leichten 0/2 mm Natursanden wurden insgesamt ca. 400 m³ eingebaut. Die schwarzen Farbpigmente wurden dem gemischten Beton im Transportbetonwerk beigegeben. Da Leichtbeton bei Fallhöhen von mehr als einem Meter zur Entmischung neigt, musste auf genaues Verdichten und einen sorgfältigen Einbau geachtet werden. Die Westag-Schalhaut RS spezial wurde auf der Baustelle zugeschnitten und mit äußerster Sorgfalt von hinten auf eine MEVA-Rahmenschalung geschraubt. Die Erfahrungen mit RS spezial zeigten, dass jede Herstellungscharge des eingefärbten Leichtbetons eine etwas andere Oberfläche ergab und jeder mögliche Kratzer auf der Schalhaut auch auf der Betonoberfläche sichtbar werden würde. Um Nacharbeiten zu vermeiden, war eine genaue und saubere Vorbereitung äußerst wichtig. Erschwerend kam hinzu, dass zeitweise auch bei ungünstiger Witterung betoniert werden musste. Jede Platte RS spezial kam nur einmal zum Einsatz, um die geforderte gleichmäßige und dunkle Sichtbetonqualität sicherzustellen. Insgesamt betrug die Bruttoschalungsfläche ca. 2500 m². Die Westag RS spezial Großflächenschalungsplatte besteht aus hochverdichteten Holzwerkstoffen und weist eine geschliffene und saugende Oberfläche auf. Sie erwies sich als optimale Lösung bei diesem schwierigen Bauvorhaben, weil sie als vorbehandelte saugende Spezialschalung dem Beton während des Abbindevorgangs oberflächennahe Luft und Wasser entzieht und eine porenarme Struktur unterstützt. Nach dem Ausschalen wurden die Schaltafeln zeitweise als Schutz der Betonbauteile vor Beschädigungen genutzt. Nach übereinstimmender Überzeugung aller Beteiligten trug diese Schalhaut auch durch die damit erzeugte matte Betonoberfläche erheblich zum guten Gelingen des Bauwerks bei.
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30.04.2012 - Geändert am:
16.01.2017