Neubau Ohligsmühle, Wuppertal – eine starke, innovative Fassade
In unmittelbarer Nachbarschaft zur berühmten Schwebebahn entsteht derzeit in Wuppertal für die BEMA Development GmbH ein Büro- und Geschäftsgebäude, bei dem die aus weißen Sichtbetonfertigteilen hergestellte Fassade eine tragende Rolle spielt.
Medien
Das Bauvorhaben Ohligsmühle besitzt zwei Untergeschosse, mit einer Grundfläche von etwa 3.100 m². Neben der Unterbringung der erforderlichen Technik- und Lagerflächen werden diese zukünftig als Tiefgarage genutzt werden. Oberhalb derselben entsteht ein Hochbau mit fünf Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss, die sich zu einer Bruttogeschossfläche von rund 10.500 m² summieren. Der nach Süden treppenartig gegliederte Grundriss umschließt nach Norden zwei sich zur Wupper hin öffnende Innenhöfe. Das Gebäude bietet zukünftig einen Bürostandort für verschiedene Unternehmen. Darüber hinaus werden Teilflächen des Erdgeschosses als Geschäftsräume einer Bank und als Gastronomieflächen genutzt.
Konstruktion
Die Tiefgarage erhält eine Flachgründung deren nur 40 cm starke Bodenplatte unterhalb der Stützen und Wände voutenförmig verstärkt ist. In Abhängigkeit der aufzunehmenden Lasten und der zulässigen Bodenpressungen beträgt die Dicke dieser Vouten bis zu 1,30 m. Die Gründungsebene befindet sich 2,70m unterhalb des Bemessungsgrundwasserstandes. Daher sind die Sohle und die Außenwände als weiße Wanne konzipiert und bemessen. Sie werden als Ortbetonkonstruktion in der Regelbetongüte C35/45 hergestellt. Bei einzelnen Stützen werden erhöhte Festigkeiten bis C50/60 verwendet. Die bis zu 10 m weit spannende Decke über dem 2. Untergeschoss wird in einer Stärke von nur 28 cm realisiert. Die sich in der Decke über dem 1. Untergeschoss im Übergang von Innen- zu Außenbereichen ergebenden Versprungbalken fangen die Fassadenstützen aus den aufgehenden Geschossen ab und lagern ihrerseits auf den Stützen und Wänden der Tiefgarage auf.
Das Innenleben der oberirdischen Geschosse wird ebenfalls als Ortbetonkonstruktion hergestellt. Die im Regelfall 28 cm starken Flachdecken mit Betonkernaktivierung werden auf Stützen und Wänden abgefangen, die die vertikalen Lasten bis zur Gründung ableiten. Die Schalung für die bis zu 10 m spannenden Deckenfelder wird dabei zur Reduzierung der Endverformungen um bis zu 30 mm überhöht. Für die horizontale Gebäudestabilität werden die drei Treppenhauskerne mit den entsprechenden Aufzugs- und Installationsschächten zur Aussteifung herangezogen.
Fassadenkonstruktion
Architektonisches und ingenieurtechnisches Highlight ist die kompakte und aufwendig profilierte Fassade, die das Bauwerk umkleidet. Die eng gestellten, trapezförmigen Säulen und dreiecksförmigen Riegel, die sich optisch durchdringen, erzeugen ein sich ständig veränderndes Licht- und Schattenspiel. Drei großformatige, zur Innenstadt auskragende Monitore ergänzen die Architektur. Aufgrund der komplexen Fassadengeometrie bot sich für deren Herstellung auch Stahlbeton als Material an, welches beliebig formbar und witterungsbeständig ist, und ohne die vielen Fugen auskommt, die sich aufgrund der zahlreichen Kanten bei einer Blechfassade ergeben hätten. Bereits in der frühen Vorentwurfsphase wurde von Schüßler-Plan vorgeschlagen, die Pfosten und Riegel als Betonfertigteile tragend auszubilden. Auf diese Weise kann auf Randstützen im Gebäudeinneren verzichtet werden, was eine hohe Nutzungsflexibilität bei der Raumaufteilung und eine optimale Ausnutzung der Bruttogeschossfläche erlaubt. Darüber hinaus ergeben sich Vorteile im Bauablauf, da die Fertigteile auf der Baustelle in kurzer Zeit und parallel zum Bau der Kerne und inneren Tragglieder errichtet werden können und sie bei der anschließenden Deckenherstellung die Randschalung überflüssig machen.
Wärmetechnisch entkoppelte Fassade
Die gesamte Fassade ist wärmetechnisch entkoppelt von den Geschossdecken herzustellen. Dies erfolgt über speziell auf die Fassadengeometrie abgestimmte Querkraftkörbe, die in den Fertigriegeln bereits eingebaut sind und deren Anschlusseisen auf der Baustelle in die Deckenbewehrung der Ortbetondecken eingeflochten werden.
Die außenliegenden Fassadenstützen sind Temperaturschwankungen ausgesetzt. Dadurch treten Längenveränderungen gegenüber der Innenkonstruktion auf, die sich das ganze Jahr über in näherungsweise konstanter Umgebungstemperatur befindet. Die damit verbundenen Lagerhebungen und –senkungen sind in den statischen Berechnungen berücksichtigt. Da sich Wandscheiben im Inneren des Gebäudes und insbesondere die Kerne bis unmittelbar an die Fassade heran erstrecken, sind hier zur Aufnahme der Differenzverformungen Dehnungsfugen in den Decken angeordnet. Die Verschmelzung von Architektur und Tragwerk bei der Fassadenkonstruktion erforderte einen ganzheitlichen Abstimmungsprozess mit allen Fachplanern sowie dem ausführenden Fertigteilwerk und der Baufirma. Insbesondere bedarf es einer frühzeitigen, detaillierten Klärung der auftretenden Schnittstellen. Bei der Festlegung der Fertigteilabmessungen sind zum Beispiel die Belange der Architekten (Fugenbild), des Fertigteilwerks (Schalung und Transportgewicht) sowie der ausführenden Baufirma (maximal zulässige Kranzuglast) zu berücksichtigen. Erst nach diesen Festlegungen, die das zu wählende statische System der Fertigteile bestimmen, können dann die Standsicherheitsnachweise für die Fassade fertiggestellt werden.
Holzschalungen von Bootsschreinern
Eine große Herausforderung stellt die Herstellung der Fertigteile im Werk dar. Hierzu werden spezielle, von Bootsschreinern als Einzelstücke angefertigte Holzschalungen verwendet. Die Reihenfolge der Herstellung verschiedener Elementtypen ist hierbei von zentraler Bedeutung, da die wiederverwendbaren Schalformen hierfür teilweise umgebaut werden müssen. Die geplante weiße Farbe der Oberfläche wird durch die Verwendung von weißem Zuschlag und Weißzement in einem selbstverdichtenden Beton der Güte C35/45 erreicht. Für die Errichtung der einzelnen Geschosse müssen die Fertigteile schließlich "just in time" auf die Baustelle geliefert werden, um Unterbrechungen des Bauablaufs zu verhindern – eine logistische Meisterleistung.
Dank eines frühzeitigen und ganzheitlichen Abstimmungsprozesses mit allen Fachplanern und den ausführenden Firmen, kann der architektonische Entwurf durch die, innovative Konstruktion wirtschaftlich optimiert umgesetzt und Synergieeffekte im Bauablauf und bei der Flächennutzung erzielt werden. Die Ohligsmühle findet bereits jetzt in den öffentlichen Medien und bei den zukünftigen Mietern eine große Akzeptanz. Mit der geplanten Fertigstellung in diesem Winter wird Wuppertal durch die Ohligsmühle um ein architektonisches und ingenieurtechnisches Highlight bereichert.
Bautafel:
Bauherr: | BEMA Development GmbH, Düsseldorf |
Tragwerksplanung: | Schüßler-Plan Düsseldorf |
Architektur: |
|
Bauausführung: | Kondor Wessels West, Wuppertal |
Fertigteile: | Züblin, Gladbeck |
Referenzen
Bauwerkskategorien
- Über diese
Datenseite - Product-ID
6097 - Veröffentlicht am:
26.11.2012 - Geändert am:
15.10.2016