Magnetinduktive Prüfungen an Litzenbündelsystemen der Elbebrücke in Schönebeck
Im August 2013 führte die Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH gemeinsam mit DMT eine magnetinduktive Seilprüfung an der Elbebrücke in Schönebeck durch. Mittels eines hochmodernen, elektromagnetischen Prüfgerätes für Seildurchmesser bis 250 mm wurden die 36 HDPE-ummantelten Seile auf eventuelle Schadstellen geprüft.
Dieses Gerät ermöglicht es, Seile vollständig bis in die Sättigung zu magnetisieren und damit sicher alle Drähte auf Brüche und signifikante Querschnittschwächungen hin zu überprüfen. Da gerade in Litzenbündel- und Paralleldrahtbündelsystemen jeder Draht gleich viel trägt, kommt dieser Fähigkeit besondere Bedeutung zu. Im Gegensatz dazu stehen am Markt verfügbare deutlich leichtere Systeme, die jedoch nur die oberflächennahen Drahtlagen mit Einschränkungen prüfen können. Diese Systeme eignen sich für die vollständige Seilprüfung von zuvor genannten Systemen nicht.
Das Prüfgerät besteht aus 6 Spulen, die um das Seil herum angeordnet sind und über Joche den Seilquerschnitt magnetisieren. Sensoren, die ebenfalls um das Seil herum positioniert sind ermöglichen nicht nur die Detektion von Schädigungen, sondern auch deren annähernde Lokalisierung im Querschnitt. Das Gerät wiegt ca. 250 kg, besteht aus 3 Teilen und ist mit einem eigenen Hubsystem ausgestattet, welches die Montagearbeiten unterstützt. Die Datenspeicherung erfolgt am Gerät und per Funk auch am Bedienerplatz.
Das Gerät wurde in Kooperation von DMT der EMPA und Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH entwickelt und bereits in der Entwicklungsphase an einem 1:1 Brückenseilmodell mit künstlichen Fehlstellen auch in einer der mittleren Litzen getestet und die Ergebnisse entsprechend verifiziert. Das bietet den Kunden, die eine magnetinduktive Prüfung beauftragen, entsprechende Garantie, dass die zerstörungsfreie Prüfung auch alle relevanten Schädigungen erkennbar macht.
Eine leichte und schnell modifizierbare Plattform diente dem zügigen Auf und Abbau, was sich in einer nur kurzen Einschränkungszeit für den Betrieb des Bauwerkes auswirkte. Um das Prüfgerät am Seil entlang zu bewegen wurde eine speziell von Alpin Technik Leipzig entwickelte, leichte Textildurchlaufwinde genutzt, die bei hoher Geschwindigkeit auch hohe Lasten ziehen kann.
Grundsätzlich bietet der Einsatz von modernen Geräten und Robotik bei der Brückenseilinstandhaltung neben der magnetinduktiven Messung weitere, vielfältige Einsatzmöglichkeiten. So kann der ATIS Seilroboter – das Herzstück des Leipziger Robotersystems – mit verschiedensten Aufsätzen ausgerüstet werden, wie zum Beispiel einer Kameraeinheit zur visuellen Inspektion der Seiloberfläche.
Dazu erfassen die Hochgeschwindigkeitskameras die komplette Seiloberfläche (360°) in hochauflösender Qualität und erstellen ein Panoramabild in Originallänge des Seiles. Der grundlegende Vorteil einer fotorealistischen Darstellung im Vergleich zu einer filmischen liegt in der Qualität der Dokumentation und in der visuellen Erfassbarkeit von Defekten. So ist es mit Hilfe einer eigens für den ATIS Seilroboter entwickelten und mitgelieferten Software, dem ATIS Viewer, möglich, auffällige Stellen bis auf das 400-fache zu vergrößern und bequem am Bildschirm zu begutachten. Mit Hilfe der Kommentarfunktion können eigene Anmerkungen platziert werden, die in den späteren Bericht übernommen werden können. Die Adaption z. B. an SIB Bauwerke und zum Beispiel das skandinavische BRUTUS System ist möglich.
Darüber hinaus besteht der große Vorteil bei der Nutzung von großformatigen Panoramabildern in der Möglichkeit, frühere Ergebnisse 1:1 nebeneinander zu vergleichen, um einen eventuellen Schadensverlauf zu erkennen und zu dokumentieren.
Weiterhin löst der Einsatz der ATIS Seilroboter die größten Herausforderungen der Brückeninstandhaltung generell. So werden Betriebsbeeinträchtigungen wesentlich minimiert (was speziell für Autobahnbrücken relevant ist) und 100 % der gesammelten Daten werden erfasst und räumlich zugeordnet.
Der ATIS Seilroboter kann auch praktische Arbeiten am Seil verrichten. Dazu stehen eine PE- Schweißeinheit und eine Wickeleinheit zur Verfügung. Automatisch geschweißt werden auf eingebaute PE-ummantelte Seile Wendel, die das Entstehen von Regen-Wind-induzierten Schwingungen stark verringert. Ältere Brückenbauwerke, wie zum Beispiel die ANZAC Bridge in Sydney Australien konnten damit unkompliziert und schnell saniert werden. Aber auch radiale und longitudinale Schweißnähte können z. B. bei der nachträglichen Montage von PE-Umhüllungen automatisiert und damit in hoher Schweißnahtqualität hergestellt werden.
Die Wickeleinheit dient der Applikation des Langzeitkorrosionsschutzsytems für Seile – ATIS Cableskin®. Der für Europa und Deutschland bauaufsichtlich zugelassene Korrosionsschutz basiert auf Butylkautschuk und ist auf jeden Untergrund, ohne Einsatz von Chemikalien applizierbar. Aufgrund der besonderen Wickeltechnik und dem speziellen Aufbau der 2,6 mm starken Schutzschicht ist er extrem beständig gegen Umwelteinflüsse (Korrosivitätsklassen C5-M und C5-I). Der Butylkautschuk "kriecht" auf Grund seiner Plastizität in die Seiloberfläche und versiegelt sie so zuverlässig gegen Wasserdampf und Sauerstoff. Seit dem Bestehen von Butylkautschuk als Korrosionsschutz 1970, ist weltweit keinerlei Versagen des Materials als Korrosionsschutz dokumentiert! Daher und aufgrund umfangreicher und doppelter Materialtests ist von einer Lebensdauer von 60 Jahren und länger auszugehen. ATIS Cableskin® eignet sich nicht nur als Korrosionsschutz sondern auch als nachträglich aufgebrachter Langzeit UV-Schutz für bereits gealterte PE Umhüllungen. Bereits an drei Großbrücken in Deutschland bewährt sich das Schutzsystem.
Insgesamt steht mit dem ATIS Seilroboter ein System zur Verfügung, das für die verschiedensten Anforderungen modular eingesetzt werden kann und auch in Zukunft beliebig erweiterbar ist.
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07.04.2014 - Geändert am:
03.03.2020