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GFK-Stauraumsysteme – für verbesserten Umweltschutz

Glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) hat in den letzten Jahren in Abwassersystemen immer mehr an Bedeutung gewonnen, sowohl im Neubau als auch in der Sanierung. Es handelt sich um einen vollvernetzten duroplastischen Kunststoff, der in Verbindung mit den zur Verstärkung eingelagerten Glasfasern einen vielseitigen Verbundwerkstoff bildet. Dieser kann sehr hohe Lasten tragen, besitzt zusätzlich die kunststofftypische notwendige Elastizität als Sicherheit gegen Riss und Bruch und ist chemisch resistent gegen eine Vielzahl von Medien.

Auf dieser Grundlage werden weltweit seit nahezu 40 Jahren GFK-Rohre mit dem FLOWTITE-Wickelrohrverfahren gefertigt. Der Produktionsprozess erlaubt vor allem eine Endlosrohrfertigung. Es können Rohre in beliebiger Baulänge anwenderspezifisch an der Maschine geschnitten werden. In Deutschland produziert die AMITECH Germany GmbH in Mochau bei Dresden Druck- und Kanalrohre in Nennweiten von DN 100 bis DN 3000, überwiegend in Baulängen bis zu 12 m. Neben der Rohrfertigung werden auch Behälter, Schächte und komplexe Fertigteile aus GFK als Standard und kundenindividuell gebaut. Die speziellen Vorteile des Werkstoffs liegen neben der ausgezeichneten Verarbeitbarkeit in dem vergleichsweise geringen Gewicht bei hoher Steifigkeit, wodurch sich GFK-Rohre und Baugruppen auch für einen Einsatz im lasttragenden, erdverlegten Bereich eignen. Der wohl bedeutendste Aspekt für den Einsatz im Abwasserkanalbereich ist jedoch die hohe Korrosionsbeständigkeit gegenüber sauren und basischen Medien, wie sie in kommunalen Abwassersystemen anfallen können. Durch die Kombination aus Rohr und Schacht werden auch komplette GFK-Stauraumkanalsysteme angeboten. Sie bestehen in der Regel aus:

  • dem begehbaren GFK-Rohrspeicher in Nennweiten von DN 1200 bis DN 3000,
  • einem GFK-Entlastungsbauwerk,
  • einem GFK-Drosselbauwerk,
  • GFK-Einstiegs- und Revisionsschächten
  • GFK-Sonderschächten für Kaskaden und Abstürze und
  • einem integrierten Schmutzstoffrückhaltesystem.
Die GFK-Stauraumkanäle ergänzen bzw. lösen damit vor allem die klassischen Regenüberlaufbecken aus Ortbeton sowie Stahlbetonstauraumkanäle ab.

Regenüberlaufbecken

Um bei Starkregen die mengenmäßige Belastung für den Mischwasserkanal und für die Kläranlage zu begrenzen, sind im Leitungsnetz Regenüberläufe integriert, die überschüssiges Regenwasser an ein angrenzendes Fließgewässer ableiten. Sind die notwendigen Wetterbedingungen erfüllt, so fließt die überschüssige Wassermenge aus dem Netzwerk in den Überlauf und entlastet damit den Mischwasserkanal. Einem solchen Regenüberlauf (RÜ) kann eine Speicherkammer, d. h. ein Durchlauf- (DB) bzw. ein Fangbecken (FB), vor- oder auch nachgeordnet sein. Beide Beckentypen werden unter dem Sammelbegriff Regenüberlaufbecken (RÜB) zusammengefasst. Ein RÜB kann sowohl im Haupt- als auch im Nebenschluss betrieben werden. Ersteres ist leicht erkennbar, weil hier der Trockenwetterabfluss immer durch das Speicherbecken hindurch führt. Beim Nebenschluss ist dem System ein Trennbauwerk (TB) vorgeschaltet.

Stauraumkanal

Der Stauraumkanal ist eine spezielle Form des RÜB und besteht grundsätzlich aus dem Stauraumrohr, einem Drossel- und einem Regenüberlaufschacht. Die Form des Speichers ist, vom Becken (meist rund, oder eckig) bis hin zum Rohr, sehr lang und schmal. Dabei entspricht ein Stauraumkanal mit oben liegender Entlastung (SKO) in seiner Funktionsweise dem Fangbecken. Mit Beginn eines Regenereignisses spülen sich zunächst die verschmutzten Leitungen frei. Dieser erste sehr schmutzige Spülstoß gelangt in den Speicher. Ist dieser voll, beginnt das Wasser über einen Regenüberlauf abzufließen. Dabei wird vor allem das neu zulaufende, weniger stark verschmutzte Regenwasser abgeschlagen. Mit einer Tauchwand werden die Schwebestoffe an einem Abfließen in die Vorflut gehindert.

Bei der zweiten Variante, dem Stauraumkanal mit untenliegender Entlastung (SKU), erfolgt die Schmutzstoffrückhaltung nicht durch "Fangen", sondern nahezu komplett durch Sedimentation. Bei dieser dem Durchlaufbecken angepassten Arbeitsweise ist zu beachten, dass die maximal zulässige Fließgeschwindigkeit von 0,5 m/s nicht überschritten wird. Außerdem muss das Stauraumvolumen um 50 % vergrößert werden. Dadurch wird ein solcher Stauraumkanal deutlich länger. Die Sedimentation findet über eine lange Strecke im Rohrspeicher statt und das Mischwasser wird am unteren Ende, also vor der Drossel, entlastet.

Mischwasserstauraumkanal

Die Besonderheit eines Mischwasserstauraumkanals besteht in der Behandlung zweier extrem unterschiedlicher Zustände. In der Trockenwetterphase, der regenfreien Periode, wird das Mischwassersystem ausschließlich vom Schmutzwasser der Haushalte, dem Abwasser von Bad, WC und Waschmaschinen gespeist. Es fließen kleine Mengen mit geringem Volumenstrom durch den Stauraumkanal zur Kläranlage. Ablagerungen sind unerwünscht.

Während eines Regenereignisses nimmt dieser Wasserstrom stark zu. Um die Kläranlage nicht zu überlasten, beginnt nun die eigentliche Arbeit des Systems. Eine Drossel am Ende des Stauraumkanals begrenzt den Abfluss, der Zulauf ist höher als der Abfluss und der Pegel im Stauraumkanal steigt. Ist er komplett gefüllt, wird der Regenüberlauf aktiviert. Der Stauraumkanal entlastet das überschüssige Wasser meist in einen angrenzenden Fluss oder Bach. Dabei sollen jedoch möglichst wenige Feststoffe, Fäkalien und Zelluloseartikel mit ausgespült werden und eine mechanische Schmutzstoffrückhaltung verhindert dies. Entscheidend für ein reibungsfrei arbeitendes System ist zunächst ein optimales Mischungsverhältnis von Schmutz- und Regenwasser. Hinzu kommen Absetzvorgänge, aber auch Sperren wie Tauchwände und Rechensysteme. Die Sedimentation und Ablagerung ist in dieser Phase gewollt und notwendig. So wird gewährleistet, dass der Schmutz im Stauraumkanal verbleibt und später zur Kläranlage abgeführt werden kann.

Ist der Regen vorbei, sinkt der Pegel im Stauraumkanal. Die dabei zurückbleibenden Ablagerungen müssen nun entfernt werden! Bei einem Stauraumkanal im Hauptschluss bietet sich der vorhandene Trockenwetterabfluss an. Bei einem GFK-Stauraumkanal erzielt man beste Fließ- und damit Ausspüleigenschaften durch die glatte, porenfreie und wasserabweisende Oberfläche. Selbst bei einer sehr geringen Wassermenge und kleinem Gefälle spülen sich die Rohre, auch bei großen Durchmessern, wieder frei. Die Schlämme werden durch den Trockenwetterabfluss der Kläranlage zugeführt. Zusätzliche Reinigungseinrichtungen oder eingeschnürte Rohrprofile mit Trockenwettergerinne, wie sie bei Stauraumkanälen und Regenüberlaufbecken aus Stahlbeton üblich sind, werden bei GFK-Systemen nicht benötigt.

Entlastungsanlagen

Erkennbare Unterschiede bestehen bei den Entlastungsbauwerken zwischen Stauraumkanälen aus GFK und Stahlbeton. Während Entlastungsbauwerke aus Stahlbeton überwiegend mit langestreckten, geraden Überlaufschwellen realisiert werden, sind bei GFK-Entlastungsbauwerken eher kreisrunde Schwellen wie beim Quelltopf oder auch Überfalltröge verbreitet. Neben den vergleichsweise kompakten Abmessungen von GFK-Entlastungsschächten bieten Quelltopfsysteme bei oben liegenden Entlastungen zusätzlich einen verbesserten Schmutzstoffrückhalt im Vergleich zu Systemen mit geraden Schwellen. Werden die hydraulischen Randbedingungen bei der Dimensionierung eines Quelltopfes berücksichtigt, ist die Schmutzstoffrückhaltung, insbesondere bei größeren Vorflutgewässern, oftmals ausreichend, um eine starke Verschmutzung des Vorflutgewässers zu vermeiden.

Erhöhte Anforderungen an den Grobstoffrückhalt von Entlastungsanlagen werden insbesondere bei sehr kleinen oder zeitweise sogar trocken fallenden Vorflutgewässern sowie bei der Entlastung nachgeschalteter Retentionsbodenfilter gestellt. Für die geforderte Rückhaltung von Grobstoffen wurde eine Vielzahl teilweise sehr unterschiedlicher Systeme entwickelt. Am weitesten verbreitet sind heute Rechensysteme. Allen Systemen zur Grobstoffrückhaltung ist dabei gemeinsam, dass sie auf oder an einer langgestreckten, geraden Schwelle montiert werden. Standortbedingt können diese aber auch schnell verschmutzen. Daher besitzen moderne Rechensysteme selbst ein integriertes Rechenreinigungssystem. Die Verwendung der bisher im GFK-Bereich verbreiteten kompakten, runden und leichten Entlastungsbauwerke ist bei einem Einsatz dieser modernen Grobstoffrückhaltesysteme nicht mehr möglich. Aus diesem Grunde werden wieder zunehmend GFK-Entlastungsbauwerke mit geraden Überlaufschwellen gefertigt, um die Montage solcher Rechen zu ermöglichen. Baugleiche Systeme aus anderen Materialien als GFK weisen jedoch, bei gleicher Schwellenlänge, nicht nur deutlich größere Abmessungen auf, sie sind auch um ein Vielfaches schwerer. Darüber hinaus hat die Montage an oder auf der Entlastungsschwelle zur Folge, dass die maximale Rechenfläche des Grobstoffrückhaltesystems durch die Länge der Entlastungsschwelle begrenzt wird.

AMISCREEN Grobstoffrückhaltesystem

Bei der Entwicklung des AMISCREEN-Grobstoffrückhaltesystems der AMITECH Germany GmbH wurde daher ein völlig anderer Ansatz gewählt. Die Rechenelemente des Grobstoffrückhaltesystems wurden von der kurzen Überlaufschwelle weg in den langen Stauraumkanal verlegt. Die Grobstoffrückhaltung erfolgt durch perforierte Rohre, die als Rechenelemente direkt im Rohrspeicher des Stauraumkanals angeordnet sind. Sie sind an ihrem stauraumseitigen Ende verschlossen und münden offen in den oberen Teil des Entlastungsschachtes. Da dieser Schacht zum Stauraum hin geschlossen ist, kann Wasser lediglich durch die Rechenelemente einfließen und ausschließlich über den dort integrierten Überfalltrog abfließen.

Das unterhalb der Entlastungskammer liegende Zulaufrohr zum Stauraumkanal wird geschlossen durch den Entlastungsschacht geführt und das Mischwasser dadurch direkt in den Stauraumkanal eingeleitet. Das gesamte Mischwasser kann daher ausschließlich nur durch die perforierten Rechenelemente zur Entlastung fließen.

Bei Trockenwetter, wenn der Zufluss niedriger als der Drosselabfluss ist, arbeitet das System wie ein normaler Stauraumkanal. Wenn bei Regenwetter der Zufluss den Drosselabfluss übersteigt, wird der Stauraumkanal allmählich mit Mischwasser gefüllt. Der Wasserspiegel steigt dann langsam in den großen Speicherrohren. Wenn der Speicher zur Hälfte gefüllt ist, fließt das Wasser mit einer ebenso geringen Steig- und Fließgeschwindigkeit durch die Rechenelemente. In Abhängigkeit der gewünschten mechanischen Reinigungsleistung kann die Perforation als vernetzt, gelocht oder geschlitzt ausgeführt werden. Zur optimalen Reinigung ist die Sicherstellung einer ausreichend hohen freien Perforationsgesamtfläche notwendig. Damit wird eine sehr geringe Durchflussgeschwindigkeit erzielt und die im Stauraumkanal verdünnten, frei schwimmenden Schmutzstoffe werden nicht in die Perforation gepresst. Das Mischwasser wird somit durch die Perforation, anders als beim klassischen Rechen, nahezu druckfrei mechanisch gereinigt. Die Reinigungsfläche der Rechenelemente steht in Abhängigkeit zur Entlastungsmenge und beträgt durch die rohrförmige Ausführung ein Vielfaches der Querschnittsfläche von Zu- oder Überlauf. Die Gefahr einer Verschmutzung oder Verstopfung des Rechens wird auf ein absolutes Minimum reduziert.

Der steigende Wasserstand im Stauraumkanal entspricht immer dem Pegel im Entlastungsschacht und letztlich bewirkt das immer weiter zufließende Abwasser einen Überfall über die Schwelle. Das mechanisch gereinigte Wasser wird in die Vorflut eingeleitet. Im Mischwasser enthaltene Grobstoffe werden hierbei von den Rechenelementen zuverlässig im Inneren des Stauraumkanals zurück gehalten. Ist das Regenereignis vorbei, wird der Stauraumkanal langsam durch das Drosselorgan entleert. Das im Entlastungsschacht verbliebene Wasser fließt durch die Rechenelemente zurück in den Stauraumkanal und beseitigt dabei eventuell anhaftende Grobstoffe. Zusätzlich können im Bedarfsfall die Rechenelemente über den Entlastungsschacht bequem mit herkömmlichen Spülgeräten (Hochdruckspüler) gereinigt werden. Außen auf den Rechenelementen anhaftender Schmutz wird dabei von innen mit Hochdruck abgelöst und fällt in den Stauraum, wo er vom Trockenwetterabfluss zur Kläranlage transportiert wird.

Durch die Verlegung der Rechenelemente von der Schwelle in den Stauraum kann eine außergewöhnlich große Rechenfläche realisiert werden, die bei weitem den klassischen Rechen auf Schwellen überlegen ist. Gleichzeitig können jedoch die kompakten Abmessungen und das geringe Gewicht klassischer GFK-Bauwerke beibehalten werden. Da zudem ein Überströmen der Rechenelemente nicht möglich ist, kann kein Mischwasser ungereinigt in die Vorflut gelangen. Grobstoffe werden somit auch bei großen Entlastungsmengen zuverlässig im Stauraum zurückgehalten. Außerdem müssen die Grobstoffe nicht, wie bei einigen Rechensystemen, separat aufgefangen und abtransportiert werden. Vielmehr verbleiben die Grobstoffe im Stauraum und werden mit dem Trockenwetterabfluss zur Kläranlage transportiert. Durch den Einbau der Rechenelemente im Stauraum geht auch kein Speichervolumen verloren, da die Rechenelemente zusammen mit dem Stauraum gefüllt werden, bevor die Entlastung beginnt. Daher muss bei einem Einbau des AMISCREEN-Systems der Stauraum nicht vergrößert werden. Der Stauraum selbst ist normal begehbar, da die Rechenelemente rechts und links der begehbaren Fließsohle in Höhe der Rohrachse des Stauraumkanals angeordnet sind. Da die Fließsohle des Stauraumkanals frei von Einbauten bleibt, wird durch den Einsatz eines AMISCREEN-Systems das für GFK-Stauraumsysteme übliche sehr gute Ausspülverhalten nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus enthält die gesamte Anlage keine beweglichen Teile und arbeitet ohne Fremdenenergie.

Der verbesserte Rückhalt von Schmutzstoffen im Stauraumkanal führt zu einer wesentlich geringeren Schmutzbelastung der Vorflutgewässer. Das energieunabhängige GFK-Rückhaltesystem mit dem sehr guten Ausspülverhalten und dem dadurch möglichen Transport der Schmutzstoffe zur Kläranlage ist ein aktiver Beitrag zur Verbesserung der Gewässerqualität und entlastet nachhaltig die Umwelt.

Dipl.-Ing. Uwe Napierski, Dipl.-Ing. Dennis Taufenbach

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    6158
  • Veröffentlicht am:
    07.03.2013
  • Geändert am:
    11.12.2014