0
  • DE
  • EN
  • FR
  • Internationale Datenbank und Galerie für Ingenieurbauwerke

Anzeige

Erweiterung der Anwendungsgrenzen für das Düsenstrahlverfahren

Beim Düsenstrahlverfahren (Soilcrete®) ist es im Regelfall erforderlich, dass die Arbeitsebene zur Herstellung der Düsenstrahlsäulen über dem tatsächlichen Grundwasserspiegel zu liegen hat. Dadurch werden unkontrollierte Ausspülungen durch Grundwasserströmungen innerhalb der frisch hergestellten Säule bis zur Erhärtung im Regelfall ausgeschlossen. Bereits 1996 wurde zur Baugrundtagung in Berlin ein Verfahren zum Horizontalen Düsen gegen drückendes Wasser beim U-Bahn-Bau vorgestellt. Basierend auf den dabei gewonnenen Erkenntnissen und weiteren Erfahrungen bei einer Vielzahl von Soilcrete®-Baustellen wurde dieses Prinzip dahingehend erweitert, das auch ein vertikales Düsen gegen drückendes Wasser ermöglicht.

Dieses Beispiel stellt eine Sonderlösung vor, die deshalb interessant ist, weil nach allgemeinem Stand der Technik die Arbeitsebene des Bohrgerätes beim Düsenstrahlverfahren oberhalb des Grundwasserspiegels zu liegen hat, um schädliche Strömungen und damit Ausspülungen in der noch nicht abgebundenen Düsenstrahlsäule auszuschließen.

Standardlösung

Die Standardlösung für diese Aufgabenstellung erfolgt dabei in 5 Schritten:

  1. Kernbohrung durch die Decke
  2. Setzen eines Standrohres mit wasserdichten Anschluss auf der Bodenplatte und Abdichten des Ringraumes an der Decke
  3. Kernbohrung durch die Bodenplatte im Schutz des Standrohres, Ausspiegeln des Grundwasserstandes
  4. Bohren und Düsen der Säule von OK-Decke inklusive Fassen des Rückflusses an OK-Decke
  5. Abbau des Standrohres nach Erhärtung der Säulen, Reinigen und dauerhaftes Verschließen der Kernbohrung in der Bodenplatte

Sonderlösung

Die Besonderheit diese Verfahrensweise besteht darin, dass von OK-Bodenplatte unterhalb des Grundwasserspiegels gebohrt und gedüst wurde. Dies bedeutet im Regelfall eine Vereinfachung der Bauabläufe, keine Schwächung der Bewehrung in der Decke und in Summe geringere Kosten für den Bauherrn. Die Abläufe gestalteten sich dabei wie folgt:

  1. Kernbohrung durch die Bodenplatte und sofortiges temporäres Verschließen der Kernbohrung
  2. konventionelles Bohren und Düsen der Säule und sofortiges temporäres Verschließen der Bohrung nach Abschluss des Düsvorganges
  3. Nachverpressen des Säulenkopfes zur Sicherstellung des Kraftschlusses und zur Kompensation von Sedimentationsvorgängen während des Abbindevorganges
  4. Reinigen und dauerhaftes Verschließen der Kernbohrung in der Bodenplatte

Theorie

Wieso funktioniert diese Methode entgegen der herrschenden Meinung in der Fachwelt?

Wesentlich für die Anwendung des Düsenstrahlverfahrens gegen drückendes Wasser ist das Wissen um die Druck- und Strömungsverhältnisse während der Herstellung einer Düsenstrahlsäule. Üblicherweise wird die erforderliche Bohrung im Spülbohrverfahren abgeteuft. Dabei wirkt den statischen Verhältnissen (Grundwasserdruck) ein Strömungsdruck aus der Spülbohrung entgegen. Aus diversen Erfahrungen wissen wir, dass dieser Strömungsdruck ausreichend hoch ist, um bei mehreren Metern Wasserdruck eine Strömung wirksam zu unterbinden. Gleiches gilt für den Düsvorgang, wo in der Regel mit deutlich höheren Pumpraten gearbeitet wird und wo die Wichte des Boden-Zement-Wasser-Gemisches noch deutlich höher liegt, als beim Bohren.

Idealerweise wird diese Verfahrensweise ohne Gestängenachsetzen angewandt, da Unterbrechungen des Spülstromes unweigerlich zu Grundwasserzutritten durch die Bodenplatte und damit zu Ausspülungen der Düsenstrahlsäule führen. Ebenfalls aus Erfahrung wissen wir, dass dieser Grundwasserzutritt bei Unterbrechung der Spülung nicht schlagartig beginnt. Uns steht zum Gestängebrechen und auch zum abschließenden Verschließen der Bohrung ein kleines Zeitfenster zur Verfügung, um diese Arbeitsschritte auszuführen. Die Größe dieses Zeitfensters ist dabei wesentlich von der Durchlässigkeit des anstehenden Bodens und der Wasserdruckhöhe bestimmt.

Fazit

Mit dieser Verfahrenserweiterung kann vertikal gegen drückendes Wasser gearbeitet werden. Bisher wurden planmäßig Säulen gegen drückendes Wasser mit einer Druckhöhe von bis zu 4 m erfolgreich hergestellt. Wo die Anwendungsgrenzen dieser neuen Technik liegen, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Neben der empirischen Entwicklung dieses Verfahrens sind in Zukunft noch die theoretischen Grundlagen zu erforschen.

Dipl.-Ing. Wolfgang Kühner, Keller Grundbau GmbH, Niederlassung Garching

Literatur:

  • DIN EN 12716:2001 Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) zu Düsenstrahlarbeiten
  • Trunk, U. Horizontaler Soilcrete-Dichtschirm gegen drückendes Wasser beim U-Bahn-Bau, Baugrundtagung 1996

  • Über diese
    Datenseite
  • Product-ID
    6314
  • Veröffentlicht am:
    04.06.2013
  • Geändert am:
    08.12.2014