Entree zum historischen Stadtkern: Das Shoppingcenter „Höfe am Brühl“ in Leipzig
Beachtliche Dimensionen: 120.000 m² Bruttogeschossfläche, eine Gesamtinvestition von 250 Mio. €, 120 Shops, 31 Dachwohnungen und 820 Parkplätze – realisiert in einer der traditionsreichsten Straßen der Leipziger Innenstadt. Die Abmessungen des siebengeschossigen Gebäudekomplexes weisen mit 300 mal 90 m eine Grundfläche von rund 26.000 m² auf, die Gebäudehöhe beträgt 34 m. Der Bau entstand von 2010 bis 2012 im Auftrag der mfi management für immobilien AG. Schüßler-Plan wurde mit der Tragwerksplanung der Leistungsphasen 1-7 beauftragt.
Der Gebäudekomplex nach dem Entwurf der Berliner Architekten Grüntuch Ernst ist mit vielen statischen Highlights versehen. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Vielzahl an Änderungswünschen während der 12-monatigen Rohbauphase termingerecht einzuplanen, ohne den rechtzeitigen Termin der Ausführungsplanung zu gefährden. Am 25. September 2012, drei Wochen früher als geplant, fand die offizielle Eröffnungsfeier des neuen Einkaufszentrums mit 2.000 geladenen Gästen statt.
Historie, Entwurf und Architektur
Die "Höfe am Brühl" wurden am Richard-Wagner-Platz, an der Stelle der leerstehenden denkmalgeschützten "Blechbüchse", des ehemaligen Konsument-Warenhaus errichtet. Das historische, 1908 eröffnete Kaufhaus Brühl wurde im zweiten Weltkrieg stark zerstört und in den 1960er Jahren provisorisch instandgesetzt. Dabei wurde eine Metallfassade angebracht, die dem Gebäude seinen Spitznamen verlieh. Zudem wurde das Kaufhaus an seiner Rückseite an drei zehngeschossige Wohnhochhäuser der DDR-Moderne angebunden. Bereits vor ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg waren die Handelshöfe am Brühl über mehrere Höfe mit den Häusern in der Richard-Wagner-Straße verbunden, an der auch bis 1914 das Geburtshaus Richard Wagners stand.
Der Neubau bindet den denkmalgeschützten Bestand, die abgerundete Aluminiumfassade der "Blechbüchse", ein und nimmt in seiner Architektur Bezug zur Historie des Ortes. Das große Gebäudevolumen wurde passend zum Maßstab der historischen Stadtstruktur gegliedert und beinhaltet vier unterschiedliche Themenhöfe, die durch eine transparente Mall mit lichtdurchfluteter Glasdachkonstruktion und den einzelnen Shops verbunden sind. Die verschiedenen Funktionen, Shopping, Parken, Wohnen und Arbeiten, sind so gestapelt, dass das Gebäude nach oben hin immer kleinteiliger wird. In den unteren vier Geschossen befindet sich die Shopping-Mall, darüber das Parkhaus, das durch seine Lage im Haus anders als üblich geplant ist. Die Autos verschwinden nicht in einer Tiefgarage, sondern überqueren in luftiger Höhe die Wege der Fußgänger. Oben entstanden neben Büro- und Ausstellungsräumen auch 31 bis zu 165 m² große hochwertige Atrium-Wohnungen, mit eigenen Dachgärten und Panoramablick über die Innenstadt. Ein Teil der ursprünglichen Sandsteinfassade des 1908 erbauten Originalkaufhauses wurde erhalten und in die Tragkonstruktion eingegliedert. In der "Blechbüchse", wurde die denkmalgeschützte Aluminiumfassade des früheren Kaufhauses vollständig erhalten.
Kreative Tragwerkslösungen
Die Stahlbetondecken wurden mit Spannweiten von bis zu 13 m konzipiert. Durch kreative und wirtschaftliche Tragwerkslösungen wurden frei auskragende Geschosse über dem Haupteingang des Plauenschen Hofs von bis zu 14 m sowie Abfangungen von mehreren aussteifenden Treppenhäusern über der LKW-Anlieferung ermöglicht.
Beispielhaft dafür: Das Treppenhaus 9, ein Schachteltreppenhaus. Aufgrund der LKW-Anlieferung innerhalb des Gebäudes steht es lediglich auf einer Seite mit den Wandenden auf der Außenwand im ersten Untergeschoss. Die gesamten vertikalen Kräfte (rund 28 MN = 2.800 t) werden an dieser Stelle durch zwei hochfeste Wandvorlagen geleitet. Die dadurch auftretende enorme horizontale Abtriebskraft wurde mittels einer dreidimensionalen FE-Berechnung der gesamten Gebäudestruktur untersucht. Dabei konnten aufgrund der monolithischen Bauweise alle aussteifenden Treppenhäuser und Wandscheiben aktiviert werden – Garantie für wirtschaftliche Bauweise.
Durch die Anordnung des zweigeschossigen offenen Parkhauses zwischen dem darunterliegenden Einkaufszentrum und der darüber liegenden Wohnbebauung ergeben sich Temperaturunterschiede in zweistelliger Größenordnung. Je nach Jahreszeit und durch die monolithische Bauweise der gesamten Stahlbetonkonstruktion bedingt, entsteht durch eine differenzielle Temperaturbelastung inmitten des Gebäudes eine Ausdehnung beziehungsweise eine Verkürzung des gesamten Parkhausteils. Durch die 3-D-Modellierung wurde die entstehende Zwangseinwirkung auf die Treppenhäuser und auf die darunter- sowie darüber liegende Deckenebene realitätsnah erfasst. Infolgedessen konnten die Bewehrungsstahlmassen erneut reduziert werden.
Die gesamte Gebäudestatik wurde so aufgebaut, dass eine möglichst hohe Flexibilität in der Tragstruktur existiert und Nutzungsänderungen aufgrund von Mieterwechsel oder anderen Anforderungen problemlos möglich sind. So können jegliche Arten von Umbauten, Einbauten gewährleistet werden. Dies erforderte keine "Vorabinvestition". Bereits während der Bauphase wurden massive Nutzungsänderungen mit ihren Auswirkungen auf die Tragstruktur untersucht und vorgenommen. Die dadurch veränderten Abfangmaßnahmen in der darüber liegenden 80 m langen Parkhauseinfahrtsrampe konnten trotz der bereits betonierten Bodenplatte kurzfristig umgesetzt werden. – Auch nach Fertigstellung des Rohbaus wurde die Flexibilität der Tragstruktur unter Beweis gestellt. Rund 1.000 Mieterwünschen konnte mit nachträglichen Bohrungen entsprochen werden.
Bereits nach der Eröffnungsfeier am 25.09.2012 lobte die Fachwelt die "Höfe am Brühl" als große architektonische Leistung. Das Entree zum historischen Stadtkern von Leipzig wurde damit wiederhergestellt und das Shoppingcenter lockte bereits in der Eröffnungswoche mehr als 500.000 Besucher an. Kreative und wirtschaftliche Tragwerkslösungen ermöglichen maximale Flexibilität hinsichtlich zukünftiger Nutzungen. Das an das einstige Warenhaus angebaute Einkaufszentrum ist mit 130 Shops und 45.000 m² Handelsfläche eines der größten innerstädtischen Shoppingcenter Deutschlands.
Unter engsten Terminvorgaben konnte Schüßler-Plan die Planung des gesamten Leistungsspektrums erfolgreich unter Beweis stellen, von der anspruchsvollen Baugrube über die Leitungsumverlegung bis hin zur kompletten Ausführungsplanung des Rohbaus.
Projektbeteiligte
Bauherr: | mfi management für immobilien AG, Essen |
Tragwerksplanung: | Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH |
Entwurfsarchitektur: | Grüntuch Ernst Architekten, Berlin |
Ausführungsarchitektur: | Heine Architekten, Hamburg |
Ausführung Baugrube und Verbau: | Bilfinger-Berger |
Ausführung Rohbau: | Max Bögl |
Frank Grether |
Referenzen
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06.06.2013 - Geändert am:
27.11.2014