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Ein Riese taucht tief und bringt am Bosporus Europa und Asien zusammen

Am zurückliegenden Samstag, dem 22. August 2015, erlebte ein hochkarätiges Publikum den ultimativen Durchbruch einer der kühnsten Tunnelmissionen überhaupt. Am Nachmittag durchstach vor den Augen des türkischen Premierministers Ahmet Davutoğlu ein Herrenknecht-Mixschild mit einem Bohrdurchmesser von 13,7 Metern plangenau die Zielschachtwand auf der europäischen Seite der Mega-City Istanbul.

Nach 16 Monaten Vortrieb unter der Meerenge des Bosporus war das Auftauchen des Bohrriesen ein ingenieurtechnischer und emotionaler Triumph für das bauausführende, türkisch-südkoreanische Joint Venture unter der Führung von Yapı Merkezi und SK Engineering & Construction. Die 3,34 Kilometer lange Unterfahrung für den zweistöckigen Eurasia-Autotunnel, gestartet von der asiatischen Landseite, stellte bei Wasserdrücken bis zu 11 Bar einen gewaltigen Härtetest für hochmoderne Tunnelvortriebstechnik dar. Beim Anblick des Bohrkopfs im Zielschacht jubelten auch Unternehmensgründer Martin Herrenknecht und seine Ingenieure. Der erfolgreich abgeschlossene Vortrieb markiert neue Machbarkeits-Standards im Tunnelbau. In Istanbul sorgt der neue Autotunnel für eine gravierende Verkehrsentlastung beim Passieren der Meeresenge.

Im weltweiten Tunnelbau umrankt wenige Projekte das Superlativ "Jahrhundertbauwerk". Der mit 13,7 Metern Bohrdurchmesser erstellte Eurasia-Autotunnel in Istanbul, eine insgesamt 5,4 Kilometer lange Unterquerung des Bosporus, wird dieser Auszeichnung in mehrfacher Hinsicht gerecht. Sultan Abdülmecid I., Herrscher über das Osmanische Reich, forcierte bereits im 19. Jahrhundert als großer Visionär die Planung eines Tunnels unter der Meerenge. Dieser erwies sich mit den Mitteln der damaligen Zeit allerdings als unmöglich.

Als der Herrenknecht-Mixschild millimetergenau die Zielschachtwand des Eurasia-Tunnels auf der europäischen Landseite Istanbuls durchstach, bezeugte und bestaunte der türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu das Finale einer historischen Bauleistung. Noch nie zuvor ist ein so großer, leistungsfähiger Tunnel unter derart vielschichtigen und extremen Bedingungen unterirdisch gebaut worden.

Die sorgfältig geplante und nun erfolgreich ausgeführte Ankunft des 120 Meter langen Tunnelbohrers ist für alle am Jahrhundertprojekt beteiligten "Baumeister" ein ingenieurtechnischer wie emotionaler Höhepunkt, insbesondere für das Joint Venture Yapı Merkezi und SK Engineering & Construction. Dr. Ersin Arıoğlu, Gründer von Yapı Merkezi und Vorstandsvorsitzender der Yapı Merkezi Holding, sowie Dr.-Ing. E.h. Martin Herrenknecht, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Herrenknecht AG, und ihre Ingenieure erlebten den finalen Projekt-Durchbruch als einen besonderen gemeinsamen Moment. Er wird Signalwirkung im weltweiten Tunnelbau haben. Denn damit gehen neue Machbarkeits-Standards beim Herstellen von Tunneln unter extremen Baugrundbedingungen einher. "Ich glaube, das heute abgeschlossene Pionierprojekt wird auch andere Tunnelbauer ermutigen, immer tiefer, weiter und größer zu denken", sagte Dr. Ersin Arıoğlu.

Gestartet war die kühne Mission mit der in Schwanau speziell designten, 3.300 Tonnen schweren Unikat-Maschine im April 2014. Sie legte in einem gigantischen Startbauwerk auf der asiatischen Seite am süd-östlichen Ende des Bosporus los. Bei einem Gefälle von fünf Prozent tunnelte sich der großformatige Mixschild bis zum tiefsten Punkt 106 Meter unter dem Bosporus. Dort herrschen 11 Bar Wasserdruck. Kombiniert mit einem sehr wechselhaften, verschleißintensiven Untergrund stellt das für die Abbauwerkzeuge des riesigen Schneidrades eine Extrem-Anforderung dar. Hierfür bedurfte es diverser Sicherheitsfeatures, die nur Herrenknecht durch Referenzen erprobt und weiterentwickelt für Pionierprojekte liefern kann.

"Die besondere Herausforderung bestand darin, ein Schneidrad zu entwickeln, das den Wechsel der Abbauwerkzeuge auch bei dem enormen Außendruck sicher von innen ermöglicht", erklärt Werner Burger, Konstruktionsleiter bei Herrenknecht. Ergebnis: ein durch schmale Arbeitskammern von der Rückseite begehbares Schneidrad. So können die Werkzeuge durch spezielle Schleusensysteme vom Personal unter atmosphärischen Druckverhältnissen sicher ausgetauscht werden. Darüber hinaus war die TBM mit Spezial-Equipment zum Einsatz von Sättigungstauchern ausgestattet. "Alle Einrichtungen haben sich im Verlauf des Vortriebs bei Wartungs- und Reparaturarbeiten bewährt", so Burger.

Dank der Pionier-Technologie und der idealen Zusammenarbeit aller Projektpartner erreichte die TBM unter dem Bosporus hervorragende Bestleistungen von bis zu 92 Metern pro Woche. "Modernste Technik ist eines von vielen Puzzleteilen. Entscheidender war jedoch unser unerschütterliche Wille und gegenseitiges Vertrauen ineinander. Nur dadurch haben wir gemeinsam den Durchbruch bei diesem außergewöhnlichen Projekt geschafft", betonte Martin Herrenknecht. "Heute hier zu stehen ist für mich wie ein Traum, der wahr wird", ergänzte Başar Arıoğlu, Vorstandsvorsitzender von Yapı Merkezi, bei der Durchstichs-Zeremonie stolz.

Ab Ende 2016 sollen im Eurasia Tunnel täglich rund 100.000 Fahrzeuge auf zwei übereinanderliegenden Fahrbahnen zwischen den Kontinenten wechseln. Das neue Tunnelbauwerk ist die erste direkte Verbindung zwischen dem historischen Golden Horn auf der europäischen Seite und dem Hafengebiet auf der asiatischen Seite. Es wird den chronisch verstopften Verkehr in Istanbul entscheidend entlasten und die Fahrtzeit von heute 100 auf nur noch 15 Minuten reduzieren.

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Istanbul, Istanbul, Türkei (2016)

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  • Veröffentlicht am:
    30.08.2015
  • Geändert am:
    04.11.2015