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Basel 1 – ein Sanierungskonzept fordert vollen Kopf- und Körpereinsatz

"Wenn es da unten nicht funktioniert, ist oben auch nichts mehr los" so bringt es Joseph Good vom Tiefbauamt Basel-Stadt, Abteilung Stadtentwässerung pragmatisch auf den Punkt. Mit "dort unten" sind die ca. 1.000 m des 16-18 m tief liegenden Hauptsammlers, der sich vom Leimgruben- über den Walkeweg bis runter zum Joggeli erstreckt, gemeint.

Rund 170.000 Einwohner des im Dreiländereck Schweiz/Deutschland/Frankreich liegenden Basels teilen sich 360 km Kanalnetz. Das hier ausgeschriebene, sanierungsbedürftige Teilstück verläuft größtenteils im Gestein und wurde von 1936 bis 1938 im Stollenbau als Ortbetonprofil von 60 Mann fast mit bloßen Händen bergmännisch hergestellt.

Nach gut 75 Jahren Betriebszeit weist der Kanal nun starke Schäden auf: Vom gestörten, inhomogenen, porösen Betongefüge mit schwankenden Druckfestigkeiten und Grundwasserinfiltrationen auf der gesamten Strecke über Erosion bis zu wechselnden und zum Teil schlechten Haftzugwerten des Bestandbetons.

Vorstudie für optimales Sanierungsverfahren

Doch bevor über 7 Millionen Schweizer Franken für die Sanierung der 320 m DN 1420mm/1970mm und der 675 m DN 1500mm/2050mm investiert wurden, erarbeitete die Stadtentwässerung eine Vorstudie, um das technisch und wirtschaftlich optimale Sanierungsverfahren auswählen zu können. Im Rahmen der Variantenuntersuchungen wurden verschiedene Verfahren betrachtet. Eine offene Bauweise schied aufgrund Kosten, Bauzeit und zu erwartender Belastung der Verkehrsinfrastruktur ebenso aus wie der grabenlose Stollenneubau, der aus wirtschaftlichen Gründen verworfen werden musste. Auch das Schlauchlining war in diesem speziellen Fall aus technischen Gründen sowie aufgrund der Profilform - Sonder-Ei-Profil mit einseitiger seitlicher Berme und Trockenwetterrinne – aus dem Rennen.

Untersucht wurden danach eine Spritzbetonprofilierung, eine Innenschale aus SCC Beton sowie ein GFK Einzelrohr-Lining. Die sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken dieser drei Verfahren unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten favorisierte schließlich das GFK Einzelrohr-Lining. Klare Vorteile gegenüber den anderen beiden Verfahren sah der Auftraggeber bei der Gebrauchstauglichkeit, der Tragsicherheit, der Hydraulik, den betrieblichen und unterhaltstechnischen Auswirkungen sowie der Bauzeit und der minimierten Umweltbeeinflussung. Ein weiteres großes Plus des GFK-Einzelrohr-Linings: Die Arbeiten können jederzeit beim Eintreten eines starken Regenereignisses ohne Beeinflussung der bereits realisierten Teilstücke unterbrochen werden.

Komplette 3 D Laservermessung als Vorleistung für Planung und Ausschreibung

Als Vorleistung für die Planung und Ausschreibung führte der Bauherr eine komplette 3D Laservermessung des Stollens durch. Die Planung und öffentliche Ausschreibung an sich übernahm die gsi Bau- und Wirtschaftsingenieure AG Basel. Im Oktober 2010 erfolgte die Vergabe an die Bietergemeinschaft Marti AG, Grund- und Tiefbau AG, Walo Bertschinger AG, Implenia Bau AG zur Erstellung von drei bis zu 18m tiefen Senkschächten DN 3000 als Vorleistung für die Sanierung der Kanalisation Leimgrubenweg. Die Auftragssumme lag bei ca. CHF 700.000,- ohne Steuern (ca. 583.000,- €).

Im Mai 2011 folgte die Vergabe des Sanierungsauftrages an die Stuttgarter Insituform-Niederlassung. Beauftragt wurden zwei Unternehmervarianten zum Amtsvorschlag, welche einem Volumen von ca. CHF 6.150.000,- ohne Steuern (ca. 5.125.000,- €) entsprechen.

Ein nicht alltägliches Projekt

Neben dem seltenen Profil und der Lage des Kanals machen auch die gegebenen örtlichen Randbedingungen diese Sanierungsmaßnahme zu einem nicht alltäglichen Projekt. Oberhalb der Kanaltrassen im Leimgrubenweg und in der Brüglingerstraße befinden sich stark befahrene Straßen mit Bus- und Gewerbeverkehr. Am Dreispitz sorgen der Straßenbahn-Knotenpunkt und eine SBB-Haltestelle für kontinuierliche Fußgängerströme. Und "last but not least", oberhalb des Abwasserstollens quert die St. Jakobspromenade mit Bachlauf und am Ende der Trasse befindet sich der St. Jakobs Park mit dem Fußballstadion. An Spieltagen kommen also die zahlreichen FCB-Fans auch noch dazu.

Bevor die eigentliche Sanierung des altersschwachen Sammlers starten konnte, mussten zunächst vorbereitende Arbeiten durchgeführt werden. Aufwändigster Part war dabei die Umsetzung des ausgeklügelten Wasserhaltungskonzeptes auf Grundlage der detaillierten Vorplanung des betreuenden Ingenieurbüros gsi Bau- und Wirtschafsingenieure AG, Basel. Die provisorische Abwasserumleitung basiert auf einer maximalen Niederschlagsmenge von bis zu 3mm in 30 Min. Dafür kommen 11 Pumpen mit maximalen Pumpmengen von je bis zu 450l/sec und bis zu 24 m Förderhöhe, vier elektromechanische Schütze, Niveaumessungen und zwei Regenmesser zum Einsatz. Alle Bauteile sind voll integriert, mit GSM vernetzt und durch eine speicherprogrammierbare Steuerung (Master-PC) geregelt.

Für die Überwachung und Wetterbeobachtung ist ein Wetterwart zuständig. Beim Eintreten eines Starkregenereignisses mit Niederschlägen größer 3mm während 30 Min. greift das Alarm- und Evakuierungskonzept. Die Arbeiter unterbrechen sofort ihre Arbeit und verlassen den Kanal, der dann in diesem Extremfall geflutet wird. Die provisorischen Abwasserdruckleitungen sind oberirdisch verlegt, wobei sie bei Straßen-/Gehwegkreuzungen und Einfahrten im Belag versenkt bzw. an neuralgischen Verkehrsknotenpunkten aufgeständert wurden.

Sonderprofile

Ende September konnte dann mit dem Einbau der Hobas GFK NC Line Profile begonnen werden. Für die 320m DN 1420mm/1970mm wurden 208 GFK Rohre in den Längen von 0,5m bis 2,0m in einer Nennweite von DA 1302mm/1870mm errechnet. Bei 675m DN 1500mm/2050mm entspricht das 364 Rohren, ebenfalls mit 0,5m bis 2,0m Baulängen, in der Nennweite DA 1372mm/1970mm. Alle Profile haben eine Wanddicke von 24mm tragend zuzüglich innerer und äußerer Schutz- bzw. Verschleißschichten. Es sind Sonderprofile nach dem Anforderungsprofil der süddeutschen Kommunen (ASK) mit werkseitig applizierter Rutschfestigkeit R13 auf der Berme, statisch tragfähig gemäß ATV M127 Teil 2, Lastfall 1: Altrohrzustand II und Wasseraußendruck bis 2,5 m über Rohrsohle langzeitig; Lastfall 2: Dämmerdruck bis 0,5 m über Scheitel, gDä = 16 kN/m³ kurzzeitig.

Die Länge der Rohre richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten. Die maximale Länge wird durch den Durchmesser der Einbauschächte und der Lage des Kanals darin, beschränkt. Die kurzen Längen werden in Krümmungsbereichen benötigt. Im Innenradius stoßen die Elemente aneinander, im Außenradius werden die Muffen mit UP-GF Handlaminat verbunden. In einem im Vorfeld erstellten Rohrverlegeplan ist die Reihenfolge dokumentiert, in der die Rohre auf die Baustelle "Just-in-time" angeliefert und eingebaut werden.

Gut aufeinander eingespieltes Team

Ein Kran nimmt die GFK Elemente auf und lässt sie in eine der drei vorbereiteten Einbauschächte (Senkschächte) ab. Dort werden sie in 18 m Tiefe durch einen bemannten, automatischen Fahr- und Hubwagen aufgenommen und zum Einbauort transportiert. Der "Rohrshuttle" wurde speziell für diese Baumaßnahme – unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Profils – durch Insituform konstruiert. Dabei waren die reichen Erfahrungen aus ähnlichen Baumaßnahmen sehr hilfreich. Am Ende des Rohrstrangs muss jedes Rohr mittels Steckmuffenverbindung angekoppelt sowie gegen Auftrieb gesichert und verklebt werden. Alle Muffen - auf Grund der vorhandenen Formgebung - und Seitenzuläufe werden mittels UP-GF Handlaminat verbunden bzw. angebunden. Analog zum Verlege-Fortschritt wird der Ringraum abschnitts- und lagenweise in Kammern verdämmt. Das Insituform-Einbauteam ist gut aufeinander eingespielt und zwischenzeitlich, dank der täglichen Auf- und Abstiege, nicht nur bei der Arbeit, sondern auch körperlich richtig fit. Planung, Vorbereitung, Logistik und Abwicklung gingen Hand in Hand und so wurde dieses, für alle Seiten sehr ehrgeizige und interessante Projekt, planmäßig 2012 beendet. Ein positives Resümee zog Joseph Good schon vor dem offiziellen Ende: "Unten funktioniert es und oben sind alle zufrieden."

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  • Product-ID
    6155
  • Veröffentlicht am:
    06.03.2013
  • Geändert am:
    11.12.2014