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Barockes Vorbild – mit Sichtbeton neu interpretiert

Als moderne Interpretation barocker Formensprache präsentieren sich in der Kölner Machabäerstraße die Schulbauten Cordulahaus (aus dem Jahr 2008) sowie das aktuell im Bau befindliche Ursulahaus. Letzteres schließt die Lücke neben der – auch nach barocker Tradition in die Häuserflucht integrierten – Fronleichnamskirche, ergänzt das rechtsseitig der Kirche bereits errichtete Cordulahaus mit seinen klaren Sichtbetonstrukturen und schreibt sie architektonisch fort.

Grafittischutz müsse an dieser Schule keiner aufgebracht werden, sagt Architekt Markus Thelen lächelnd, allenfalls überprüften die jungen Mädchen in den hochglanzpolierten Ankerkonen der makellosen Sichtbetonwände ihr Make-up. – Nicht nur an den Fassaden, sondern auch im Gebäude vermitteln die unbehandelten Sichtbetonflächen ein Zeitgefühl, das keiner Mode unterworfen ist. Beide Häuser sowie die bestehenden Bauten bilden die Ursulinenschule Köln, ein staatlich genehmigtes Gymnasium für Mädchen sowie eine Mädchenrealschule, beide in Trägerschaft des Erzbistums Köln.

Aufnahme des Rasters von 1711

Im Laufe der Jahrhunderte wurde die auf das Jahr 1693 zurück gehende Ursulinenschule beständig erweitert und beherbergt derzeit das vierzügige Gymnasium für ca. 1.000 Schülerinnen sowie die zweizügig geführte Realschule mit ca. 400 Mädchen. Die Ursulinenschule ist die einzige nicht koedukative Kölner Schule. Dem aufmerksamen Betrachter wird es auffallen müssen: Auch das Ursulahaus trägt die Handschrift des renommierten Kölner Büros Thelen-Architekten. Ihnen gelang es bereits 2008 bei der Planung des Cordulahauses, das Raster der 1711 errichteten Kirche aufzunehmen und auf den Ursulinenschule-Neubau mit seinen baulichen Details auszurichten. Nach Abbruch des ehemaligen Klosters der Ursulinen wurde an der Machabäerstrasse im Jahr 2008 das Haus Cordula für den gymnasialen Bereich der Ursulinenschule erstellt. Ende 2010 startete man mit dem Neubau der viergeschossigen Realschule, dem Ursulahaus. Deren Front misst knapp 40,0 m, die Höhe beträgt ca. 12,0 m, der umbaute Raum ca. 13.400 m³. Dipl.-Ing. Pia Thelen, Thelen-Architekten: "Ausgeschrieben wurde erneut ein glatter, scharfkantiger Sichtbeton mit vorgegebenen Ankerabständen und einem Schalhaut-Rastermaß von 72 cm. Dieses Raster hat seine Wurzeln in der von uns berechneten Modulstruktur der Kirche. Es baut sich auf stehenden und Diagonalen Dreiecken auf. 36 × 36 cm sind die Maße des Grundmoduls und mit der Verdopplung auf 72 × 72 cm erhielten wir eine Grundlage, die bautechnisch sicher und außerdem wirtschaftlich war und die Vorgaben des Denkmalschutzes berücksichtigte. In den Sichtbetonflächen der Flure setzt sich die Modulordnung fort".

Platten von Westag & Getalit entsprechend baulichen Vorgaben konfektioniert

Die Rohbauarbeiten für das viergeschossige Haus mit insgesamt 18 Klassenräumen wurden an die GHH Bau Oberhausen vergeben. Mit der Bauleitung seitens der Rohbauunternehmung war Dipl.-Ing. Benedikt Zepp betraut: "Die zu schützende, prachtvolle Kirche mit ihren beiden Türmen erforderte die volle Aufmerksamkeit bei Planung und Ausführung. Deshalb und wegen der bis zu 5,0 m starken Schichtungen aus Kulturschutt im Baugrund kamen Bohrpfähle zum Einsatz". Aufgrund der vielfältigen Gebäudegeometrie der Ursulinenschule wurden mehr als 155 geschosshohe DokaH 20-Elemente vom Fertigservice des Schalungsherstellers montiert, mit der Schalhaut Betoplan Top derWestag& Getalit AG hinterlegt und für eine ungestörte Ansichtsfläche über eine Sparschalung von hinten verschraubt. Der Schalungsbauer konfektionierte die 2.000 mm × 5.200 mm großen und 21 mm starken Platten des Herstellers Westag & Getalit AG entsprechend den baulichen Vorgaben. Die Großflächenschalhaut Betoplan Top nach DIN 68792 mit einem Furniersperrholz-Aufbau und einer Top-Beschichtung von 550 g/m² je Seite optimierte die Einsatzzeiten.

Ausgereiftes Sichtbetonkonzept

Architekten, Bauleitung, Statiker sowie die Schalungstechniker bildeten das Sichtbeton-Team. Auch die Expertise des Westag-Fachberaters Gerd Ploeger nahm man auf und entwickelten ein ausgereiftes Sichtbeton-Konzept unter Berücksichtigung aller für SB 3 erforderlichen Einflüsse wie Schalungs- und Schalhautauswahl, Betonzusammensetzung, Schalungsmusterplan, Abstandhalter, Schalungsfugenausbildung, Ankerkonen, Trennmittel etc. Im Untergeschoß testete man sieben Probebetonagen mit unterschiedlichen Betonsorten und Schalöl an zwei Plattenvarianten bezüglich Schalöl, der Farbgebung, der Lunkerbildung, der Oberfläche usw. Das Aufbringen einer diffusionsoffenen Folie zur Vermeidung zu großer Feuchtigkeit wurde ebenfalls ausprobiert. Gerd Ploeger: "Um unerwünschte Spieleffekte zu vermeiden, wurde Plattenmaterial ausgesucht, das durchgängig eine stumpf-matte Oberfläche liefern würde". In der Zeit von März bis September 2011 erfolgte die Erstellung der ca. 2.000 m² Sichtbetonflächen. In den Flurbereichen waren besondere Anforderungen zu erfüllen. Benedikt Zepp: "Die Schalungsstöße wurden gegen das Herauslaufen von Zementleim mit Dichtungsbändern versiegelt. Passgenau abgebolzte Verbindungslaschen sorgten für einen sauberen und dichten, zug- und druckfesten Elementstoß. Aber auch den Abstandhaltern galt unser Augenmerk. Es stellte sich heraus, dass Abstandhalter aus Faserbeton klare Vorteile boten. Die Betoplan Top - Aufsichtsplatten zeigten selbst nach zehn- und mehrfachem Einsatz keine Ermüdungserscheinungen und lieferten ein durchgängig gutes Ergebnis". Größeres Augenmerk galt auch der fachgerechten Zwischenlagerung der Schalung. Werden im Stapel gelagerte Elemente der Witterung ausgesetzt, weisen sie einen unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalt auf. Daraus resultiert bei einer ausgetrockneten Schalhaut ein höheres Saugverhalten, was tendenziell zu einer dunkleren Betonoberfläche führt. Für ein gleichmäßiges Erscheinungsbild des Betonergebnisses wurden die Elemente deshalb vor Regen, Wind und Sonne geschützt.

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  • Veröffentlicht am:
    30.04.2012
  • Geändert am:
    03.03.2020