Allgemeine Informationen
Bauweise / Bautyp
Konstruktion: |
Tunnel |
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Funktion / Nutzung: |
Wasserwegstunnel |
Lage / Ort
Lage: |
Diggle, Metropolitan Borough of Oldham, Greater Manchester, North West England, England, Großbritannien Marsden, West Yorkshire, Yorkshire and the Humber, England, Großbritannien |
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Koordinaten: | 53° 34' 4.58" N 1° 59' 32.65" W |
Koordinaten: | 53° 36' 13.56" N 1° 56' 29.90" W |
Technische Daten
Abmessungen
Tunnellänge | 5 029 m |
Kosten
Baukosten | Pfund Sterling 378 000 |
Auszug aus der Wikipedia
Die Standedge-Tunnels (Standege Tunnels [ˈstænɪd͡ʒˌtʌnɫ̩s]) unterqueren das Penninen-Gebirge im nördlichen England. Der etwa fünf Kilometer lange Verkehrsweg nordöstlich der Stadt Manchester umfasst vier Tunnel, davon drei normalspurige Eisenbahntunnel und einen Kanaltunnel des Huddersfield-Narrow-Kanals. Zwei der Eisenbahntunnel sind stillgelegt. Der Kanaltunnel ist der längste und höchstgelegene im Vereinigten Königreich. Die nördlichen Tunnelportale liegen bei dem Ort Marsden, die südlichen in der Nähe von Diggle.
Geschichte
Kanaltunnel
Der erste Tunnel unter dem Standedge war der von der Huddersfield Canal Company gebaute Kanaltunnel. Der 5029 Meter lange Tunnel liegt 196 Meter über dem Meeresspiegel und die Überdeckung misst maximal 194 Meter. Der Entwurf stammte von Benjamin Outram, dem leitenden Ingenieur der Huddersfield Canal Company. Die Bauarbeiten am Tunnel begannen 1795 und erwiesen sich als langwierig. 1798 erreichte der Huddersfield-Narrow-Kanal von beiden Seiten bereits die Tunnelportale, obwohl ein Jahr danach erst 910 Meter des Tunnels ausgebrochen waren. Im selben Jahr verwüstete eine Überschwemmung über 25 km des Kanals. Die Huddersfield Canal Company musste neues Geld bei den Aktionären aufnehmen, um die Schäden zu reparieren. Nachdem die Gesellschaft einen neuen Vermesser einstellte, verließ Outram das Projekt 1801 ohne dass seine Stelle neu besetzt worden wäre.
Zum Erlangen der nötigen Sachkenntnis über den Betrieb des Tunnels besuchte eine Kommission 1804 den Harecastle-Tunnel, den Butterley-Tunnel und den Norwood-Tunnel. Sie schlug den Bau eines Treidelpfades durch den Tunnel vor, was aufgrund fehlender Mittel zur Finanzierung der zusätzlichen Bauarbeiten und zur Deckung des durch eine verspätete Eröffnung entstehenden Einnahmeausfalls verworfen wurde. 1806 musste wieder neues Geld aufgenommen werden und die Huddersfield Canal Company erhielt das Recht zusätzliche Zölle für die Benutzung des Tunnels zu erheben.
1807 wurde Thomas Telford zur Beratung herangezogen; er entwickelte einen Plan, mit dessen Hilfe die Vollendung des teuren Bauwerks schließlich gelang. Am 9. Juni 1809 war der Tunnel durchschlagen, doch gab es erneut einen Rückschlag, als am 29. November 1810 der Staudamm des Diggle Moss-Reservoirs brach und eine Überschwemmung auslöste. Der Stausee dient der Wasserhaltung in der Scheitelhaltung. Am 26. März 1811 wurde der Tunnel als fertiggestellt erklärt. Die feierliche Eröffnung fand am 4. April 1811 statt. Die Baukosten betrugen 160,000 Pfund und machten den Tunnel zum teuersten Kanaltunnel Englands.
Der Kanaltunnel erlaubte die Passage eines Narrowboats ohne Gegenverkehr. Im Tunnel fehlte der Treidelpfad, weil der Tunnelquerschnitt so kleiner ausgelegt werden konnte. Die für den Zug der Boote eingesetzten Pferde wurden deshalb über den Berg geführt, während die Boote mit menschlicher Kraft durch den Tunnel bewegt wurden. Es kam dabei das als Legging (so viel wie „Fortbewegung mit den Beinen“) bezeichnete Verfahren zur Anwendung. Dabei stießen ein oder mehrere Männer das Boot durch Laufbewegung an der Tunnelwand oder liegend an der Tunneldecke vorwärts. Die Durchfahrt eines leeren Bootes benötigte etwa 80 Minuten, die eines voll beladenen drei Stunden.
Der Kanal ist mit vier Ausweichstellen versehen, an denen Boote kreuzen können. Mit zunehmendem Verkehr kam es immer wieder zu Streitereien zwischen den Bootsbesatzungen darüber welches Schiff zur Ausweichstelle zurückkehren muss. Die Kanalgesellschaft beschloss deshalb, dass die Boote nur von ihren eigenen Leggern durch den Tunnel geführt werden durften. Weiter wurde der Verkehr abwechselnd während vier Stunden in eine Richtung und dann für die gleiche Zeit in die andere Richtung geführt, so dass Kreuzungen im Tunnel nicht mehr nötig waren. Nach der Einfahrt des letzten Bootes in einer Richtung wurde jeweils das Gitter am Eingang des Tunnels verschlossen und der Tunnelwächter ging mit den Treidelpferden der Boote über den Berg zum anderen Tunnelportal, um das Gitter zu öffnen. 1848 wurde ein neues System eingeführt, bei dem das letzte Boot ein Dokument erhielt, das dieses als letztes Boot auswies, und zusätzlich eine rote Lampe mitführte. Der Tunnelwächter am anderen Portal konnte dadurch das letzte Boot des Konvoys sicher identifizieren und nach dessen Ankunft den Verkehr in die andere Richtung freigeben.
Der Tunnel weist vier Lüftungsschächte auf, die während des Baus auch benutzt wurden, um Ausbruch aus dem Tunnel zu schaffen. Sie befinden sich bei Pule, Flint Pit, Redbrook und Cote Pit.
Eisenbahntunnel
Im Jahr 1846 wurde der Kanal von der Huddersfield and Manchester Railway erworben, welche 1847 von der London and North Western Railway übernommen wurde. Die Eisenbahngesellschaft begann mit dem Bau eines eingleisigen Tunnels. Die Arbeiten wurden durch viele Querstollen und vier größere Quertunnel zum Kanaltunnel erheblich vereinfacht und beschleunigt, da das ausgebrochene Material auf dem Wasserweg abtransportiert werden konnte. Als der Tunnel 1848 vollendet war, hatte er 201.608 Pfund verschlungen und war mit 4803 Meter Länge der längste Eisenbahntunnel Englands. Dieser Rekord wurde erst gebrochen, als 1886 der mehr als zwei Kilometer längere Severn-Tunnel eröffnet wurde.
Die eingleisige Tunnelröhre erwies sich bald als Flaschenhals, daher wurde ein weiterer Tunnel in Angriff genommen. Der parallel verlaufende gleich lange Tunnel wurde 1871 fertiggestellt. Seine Baukosten betrugen 121.500 Pfund.
Im Jahr 1894 wurde wegen weiter wachsenden Verkehrs eine dritte Tunnelröhre in Betrieb genommen, die zweigleisig ausgeführt wurde. Sie liegt nördlich des Kanaltunnels, obwohl die Portale südlich derjenigen des Kanals liegen. Das heißt, dass dieser Eisenbahntunnel unmittelbar hinter seinen Portalen den Kanaltunnel überquert, dessen Decke in diesem Bereich verstärkt ist. Die Länge des Tunnels beträgt 4806 Meter. Mit ihm wurden bei Brunn Clough, Redbrook und Flint Pit zusätzliche Lüftungsschächte gebaut.
1963 wurde die vierspurige Strecke im Rahmen der Beeching-Axt, eines Programms zur Verkleinerung des Eisenbahnnetzes, zwischen Huddersfield und Stalybridge auf zwei Gleise zurückgebaut. Dies ermöglichte die Schließung der beiden älteren Eisenbahntunnel und die Aufhebung der Station Diggle.
Heutige Nutzung
Der Kanaltunnel wurde offiziell 1944 geschlossen, die letzte kommerzielle Bootsdurchfahrt hatte bereits 1921 stattgefunden. Die Anlage verfiel zusehends. Mit einem Aufwand von fünf Millionen Pfund wurde der Kanaltunnel wiederhergestellt. Es musste der Schlamm am Boden des Tunnels entfernt werden, der Mörtel des Mauerwerks ausgebessert werden, mit Gebirgsankern loses Gestein stabilisiert werden und einige Abschnitte mit Spritzbeton behandelt werden. Das renovierte Bauwerk konnte 2001 eröffnet werden.
Anfänglich durften die Freizeitboote den Tunnel nur im Schlepp eines Elektrobootes durchfahren, wobei jeweils Schleppverbände mit bis zu vier Booten zusammengestellt wurden. Zwischen den Booten wurde ein schwimmender Abstandhalter angebracht, der verhinderte, dass Heck und Bug zweier aneinander gereihten Boote sich beschädigen können.
Seit 2009 dürfen Freizeitboote mit einem Begleiter von British Waterways den Tunnel unter eigener Kraft befahren. Zwischen den einzelnen Booten wird ein Abstand von 45 Minuten eingehalten damit sich die Abgase des vorausfahrenden Bootes genügend verdünnen können. Manchmal lässt der Betreiber des Tunnels auch zu, dass Boote auf die traditionelle Weise durch Legging durch den Tunnel gestoßen werden.
Am Südportal bei Tunnel End in der Nähe von Marsden wurde ein Touristenzentrum und eine Ausstellung im ehemaligen Kanalpackhaus eingerichtet. Das Gebäude diente vor Fertigstellung des Tunnels dem Umladen von Waren auf Pferdegespanne. Von hier starten auch die Besichtigungsfahrten mit dem Elektroboot.
Alle drei Eisenbahntunnel sind noch vorhanden, derzeit wird jedoch nur der zweigleisige betrieben. Die älteste Röhre wurde für Rettungsfahrzeuge eingerichtet und dient über die noch vorhandenen Quertunnel als Notausgang. Für den Ausbau des Eisenbahnnetzes in Nordengland wird über eine Wiederinbetriebnahme der stillgelegten Tunnel nachgedacht.
Text übernommen vom Wikipedia-Artikel "Standedge-Tunnels" und überarbeitet am 23. Juli 2019 unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 International.
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20009186 - Veröffentlicht am:
26.04.2003 - Geändert am:
28.05.2021