Allgemeine Informationen
Andere Namen: | Eisschnelllaufhalle Inzell |
---|---|
Fertigstellung: | 2011 |
Status: | in Nutzung |
Bauweise / Bautyp
Funktion / Nutzung: |
Eissporthalle / Eisstadion |
---|---|
Konstruktion: |
Dach: Fachwerkträger |
Preise und Auszeichnungen
2013 |
Einreichung
für angemeldete Nutzer·innen |
---|
Lage / Ort
Lage: |
Inzell, Traunstein (Kreis), Bayern, Deutschland |
---|---|
Koordinaten: | 47° 45' 8.90" N 12° 45' 5.20" E |
Technische Daten
Derzeit sind keine technischen Informationen verfügbar.
Entwurfsgedanke
die Aufgabenstellung des Bauherrn war knapp gehalten:
- Stützenfreier Innenraum , Raumhöhe über dem Eis mindestens 9m
- ca. 6.000 Zuschauer (variable Verteilung von Steh- u. Sitzplätzen)
- schnellstes Eis der Welt
Das bestimmende Kriterium für den Entwurf war die herausragende landschaftliche Situation. Der architektonische Eingriff sollte als Ergänzung verstanden werden, die den Charakter der Anlage noch besser zur Geltung bringt.
Die Eisbahn wurde umlaufend mit einer Tribüne aus Beton eingefasst, die mit den angrenzenden Flächen ineinander zu fließen scheint. Alle Elemente erscheinen als Teil einer modellierten Landschaft.
Darüber schwebt scheinbar losgelöst das neue Dach mit seinen markanten Lichtöffnungen als respektvolle Ergänzung des Bestands. Aufgesetzte, weich geformte Oberlichter folgen dem Rhythmus der Binderkonstruktion und schaffen tagsüber zusammen mit der Verglasung im Innern eine angenehme, vom natürlichem Licht geprägte Stimmung, während sie am Abend ein von weit her sichtbares Merkmal für Inzell sind. Die „Fuge“ zwischen Landschaft und Dach wurde mit einer rundum laufenden Verglasung geschlossen. Sie ermöglicht schöne Einblicke in das Innere der Halle, sowie Ausblicke auf den gegenüberliegenden bewaldeten Höhenzug.
Zusammen mit der tiefer gelegten Eisfläche und der seitlich platzierten Tribüne bildet die statische Konstruktion mit den Oberlichtern einen räumlich gefassten, festlichen und starken Innenraum. Wie lose um die Halle herum gruppiert wirken die bestehenden Nebengebäude, die lediglich saniert und ergänzt wurden. Diese Häuser bewahren mit ihrem ortstypischen Maßstab und der regionalen Bauweise bewusst ihre eigene Identität. Umkleide- und Nebenräume, sowie die großen Technikflächen sind seitlich unterirdisch angeordnet, um das Bild der in die Halle fließenden Landschaft nicht zu stören.
Dach
Mit seiner großen Spannweite stellte das Dachtragwerk eine enorme technische Herausforderung dar. Wegen der schlechten Baugrundverhältnisse kamen nur Tragwerke in Frage, die keine Horizontallasten an den Auflagern erzeugen. Das statische System ist ein einfacher „Balken“ in Form eines Fachwerkträgers mit einer Spannweite von 82,5m und beidseitigen bis zu 13m langen Kragarmen. Die Materialien wurden ihren Eigenschaften entsprechend gewählt: Bauteile, in denen Druckkräfte aufgenommen werden (Obergurt und Druckpfosten), wurden als blockverleimte Holzquerschnitte ausgeführt, der Untergurt und die Zugdiagonalen in Stahl.
Alle Fachwerkträger sind nach oben gekrümmt - dadurch entsteht ein hoher Innenraum mit niedrigen Fassadenrändern. Je nach Raum- und Umgebungssituation ist der Dachrand unterschiedlich weit angehoben. Hohe Bereiche markieren den Hauptzugang oder überdachen zweigeschossige Bereiche. An anderen Stellen taucht das Dach ab, um den Kontrast zu den niedrigen Nebengebäuden zu verringern. Auch der unterschiedlich weit auskragende Dachüberstand ist der Umgebung, der Himmelsrichtung und der Sonneneinstrahlung angepasst. So entsteht eine weich geformte wellenartige Bewegung, die dem Bauwerk die technische Strenge nimmt.
Die Nebenträger aus Brettschichtholz wurden für die Tageslichtversorgung an 17 Stellen wellenförmig angehoben. Dadurch entstehen fledermausartige Gauben, die bis zu sechs Meter aus der eigentlichen Dachfläche herausragen. Die Öffnungen sind zum Wärmeschutz mit dreilagigen hochlichtdurchlässigen ETFE-Kissen verschlossen.
Das gesamte Dachtragwerk wird über 40 unterschiedlich lange Stahlbetonstützen abgelastet. Die Verbindung zwischen Dachtragwerk und Stützen erfolgt schwimmend über Gleitlager aus dem Brückenbau. Hier werden die enormen Dachverschiebungen (bis zu 12cm z.B. unter Schneelast) aufgenommen. Die umlaufende Glasfassade ist starr an die Stahlbetonstützen gekoppelt, der Anschluss für Wärmeschutz und Bauwerksabdichtung zwischen Fassade und Hallendach ist flexibel ausgebildet.
Energiekonzept
Energetisch gesehen sind Eisschnelllaufhallen extrem ungünstige Bauwerke. Die Kühlung der Eispiste bei gleichzeitiger Beheizung des Raumes erzeugt einen sehr hohen Energiebedarf. Hohe Luftfeuchten führen in Eishallen zu Nebelbildung auf ausgekühlten Bauteiloberflächen und außerdem zu Kondensatbildung und damit zu Bauschäden. Kondensatbildung auf der Eisoberfläche würde außerdem die Eisqualität erheblich beeinträchtigen. Daher werden Eishallen gekühlt und gleichzeitig beheizt. Die Raumluft wird technisch getrocknet, allerdings nur so stark, dass die Nasenschleimhäute der Sportler nicht austrocknen. Für wenige Ereignisse im Jahr müssen zudem enorme Luftmengen für die Zuschauer bereitgehalten werden. Die Kontrolle dieser Vorgänge führt in Eishallen üblicherweise zu einem extrem hohen Energieeinsatz. Als oberstes Planungsziel galt es daher, für Inzell intelligente Alternativen zu suchen, die einen energieoptimierten und nachhaltigen Betrieb ermöglichen. Diese Untersuchungen haben in erheblichem Maße die Architektur beeinflusst.
Die Kältestrahlung des Eises in den Dachraum und damit dessen Auskühlung wird durch eine metallisch bedampfte Membran mit sogenannten „Low-E“ Eigenschaften verhindert. So können die Warmluftmengen insgesamt erheblich reduziert werden.
Die für die Eisqualität entscheidende, mit hohem Energieaufwand entfeuchtete Luft wird ausschließlich für die Eisoberfläche eingesetzt und durch ein Präzisionssystem in exakt kontrollierten Winkel/ Geschwindigkeit von innen über das Eis geblasen. Die weniger stark aufbereitete Zuschauerzuluft wird mittels einer separaten Lüftungsanlage als Quellluft durch die Tribünenhohlräume in den Raum geleitet. Die Abluft wird direkt über den Zuschauern eingesammelt. Hierdurch entsteht eine Strömungswalze, die verhindert, dass feuchte Zuschauerluft auf die Eisoberfläche gelangt.
Die enormen Abwärmemengen aus der Eiskälteerzeugung werden zur Beheizung der Halle genutzt. Um die Spitzenlasten zu erreichen, wird ein primärenergetisch günstiger Holzpelletkessel eingesetzt. Durch die Kombination dieser Maßnahmen liegt der Primärenergiebedarf etwa 30% unter dem vergleichbarer Eishallen.
Eine besondere Bedeutung hat das Tageslichtkonzept, das so bislang bei keiner Eisschnelllaufhalle realisiert wurde. Tageslicht kann nur dosiert und vor allem diffus ("blendfrei") zugelassen werden, weil eine direkte Besonnung die Eisoberfläche abtauen würde. Deshalb wurden die Öffnungen in den Dachgauben nach Norden orientiert. Die Lage und Größe der Gauben wurde digital in aufwendigen Verschattungsstudien untersucht und geometrisch optimiert. Die gute Tageslichtversorgung und der optische Bezug zur Landschaft tragen erheblich zum Wohlbefinden der Sportler bei und bilden damit einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der Halle.
Erläuterungsbericht von Behnisch Architekten zur Einreichung beim Ingenieurbau-Preis 2013
Beteiligte
-
Köppl Ingenieure
- Johann Bleiziffer (Tragwerksplaner)
Relevante Webseiten
Es sind derzeit keine relevanten Webseiten eingetragen.
- Über diese
Datenseite - Structure-ID
20064336 - Veröffentlicht am:
22.11.2012 - Geändert am:
22.01.2017