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Allgemeine Informationen

Baubeginn: 1926
Fertigstellung: 1928
Status: in Nutzung

Bauweise / Bautyp

Funktion / Nutzung: Kirche
Baustil: Expressionistisch

Lage / Ort

Lage: , ,
Adresse: Zinglerstraße 66
Koordinaten: 48° 23' 33.44" N    9° 58' 46.91" E
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Technische Daten

Derzeit sind keine technischen Informationen verfügbar.

Auszug aus der Wikipedia

Die Martin-Luther-Kirche in Ulm wurde zwischen 1926 und 1928 in der Ulmer Weststadt (Zinglerstraße 66) als Nachfolgebau der zu klein gewordenen Martinskirche (Martinsstraße) errichtet. Architekt war Prof. Theodor Veil, der als Mitglied des Deutschen Werkbundes bei diesem Sakralbau zeitentsprechende Stilmerkmale originell und kreativ verwirklichte. Die Kirche liegt am Jakobsweg, dem historischen Pilgerweg, der von Ulm über den Kuhberg in Richtung Bodensee führt.

Architektur

Die Kirche besteht in ihren Außenfassaden aus dunklen doppelgebrannten Ziegelsteinen, die mit hellem Mörtel verfugt sind. Die Fugen wurden so eingefügt, dass sie oben bündig sind und unten ca. 2 mm überstehen. Das ergibt eine Schmutz abweisende Funktion und im Licht eine gute plastische Wirkung. Durch Betonung der senkrechten Fugen über den Fenstern entsteht an vielen Stellen ein interessantes „Fischgrätenmuster“. Die Fensterstürze wurden extrem nachgezeichnet, die Fensterbrüstungen wurden stark nach unten verlängert, alles klare Zeichen expressionistischer Bauweise. Innen verwendete Veil vorwiegend horizontal angebrachte Nadelholzbretter, die unbehandelt blieben und so zu einem warmen Charakter der Kirche führen. Dem Gotteshaus schreibt man also typisch expressionistischen Baustil zu: ein schräggestellter Hauptturm, ein sternförmiger Kamin, heute ohne Funktion, Farbfenster in starken Grundfarben (Art déco) und explosiven Motiven ergänzen diesen Eindruck.

Neben diesen „unruhestiftenden“, expressionistischen Merkmalen kommt in den Raum große Ruhe und Eleganz durch eine konsequent durchgeführte Spiegelsymmetrie: Ost- und Westempore entsprechen sich, Kanzelseite und Taufsteinseite sind symmetrisch angelegt, der große, zur Architektur gehörende Orgelprospekt über dem mittigen Altar ist symmetrisch. Ein Kruzifix von Martin Scheible aus Fichtenholz über dem Altar zentriert den Raum. Ein von Planeten umkreistes goldenes Kreuz in Form eines dreidimensionalen Astrolabium ziert den Hauptturm.

Namensgeber

Namensgeber der Kirche ist der Reformator Martin Luther, der sich einst gefreut hat, dass Ulm sich 1531 in einem demokratischen Abstimmungsprozess der Reformation angeschlossen hat; später – unter dem Ulmer Reformator Martin Frecht – schloss sich die freie Reichsstadt Ulm sogar der lutherischen Form der Reformation an. Zur Erinnerung an Luther goss der Bildhauer Martin Scheible eine überlebensgroße „Lutherfigur“ aus Beton und stellte sie über dem Haupteingang der Martin-Luther-Kirche auf. Gleichzeitig trägt in origineller Weise der Doktorhut Luthers den Hauptturm.

Funktion

Die Martin-Luther-Kirche gehört heute der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Ulm und ist Mittelpunkt der Martin-Luther-Gemeinde, die 2001 durch Fusion der Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde (die Paul-Gerhardt-Kirche wurde inzwischen abgebrochen) mit der Martin-Luther-Kirchengemeinde zunächst unter dem Namen Martin-Luther-Kirchengemeinde entstanden ist und 2003 dann den Namen Reformationskirchengemeinde erhielt. Seit erstem Advent 2013 – durch Abstimmung der Gemeindeglieder – heißt die Gemeinde wieder Martin-Luther-Gemeinde. Die Kirche ist Amtssitz des Bezirkskantors für den Evangelischen Kirchenbezirk Ulm.

Die Kirche gilt mit ihrer breiten Westempore (für die Sänger und Instrumentalisten) als „Musik- und Konzertkirche“. Auch die Akustik des Raumes ist durch die Verwendung von Naturholz vorzüglich. 1.000 Sitzplätze machen große Konzerte mit durchsichtigem Klangergebnis in diesem Raum möglich. Die vielseitige Orgel von Walcker wurde 2008 bis 2010 generalüberholt. Die Kirche ist Ort renommierter Konzertreihen und regelmäßiger kultureller Angebote:

  • Württembergischer Landesposaunentag, seit 2006 auch Forum der Jungbläser
  • Konzerte mit dem Hassler-Consort unter Leitung von Franz Raml
  • Wiblinger Bachtage mit Albrecht Schmid, Ulrich Gröner und Hubertus von Stackelberg
  • Ulmer Bachkantaten, z. B. mit Friedrich Fröschle, Albrecht Haupt, Philip Hartmann, Johann Konnerth, Thomas Gropper, Gillian Crichton u. a.
  • Orgelkonzerte, z. B. mit Joseph Kelemen, Elke Voelker u. a.
  • Jazzkonzerte, Gospelkonzerte und Gospelfestivals, z. B. mit Siyou Isabelle Ngnoubamdjum, Sarah Kaiser, Dieter Kraus u. a.
  • folkloristische Musikabende, z. B. „Alpenländische Weihnacht“ mit Stubenmusik und Alpenländischer Volksmusik, „Schwäbische Kirch“ mit dem Schwäbischen Albverein
  • christliche Popkonzerte, z. B. Hans-Jürgen Hufeisen und Abende mit Liedermachern, z. B. Clemens Bittlinger, Attila Kalman, Christoph Zehendner u. a.
  • Kabarett mit Uli Keuler u. a.

Weiterer Ausbau der Martin-Luther-Kirche

Zwischen 1940 und 1945 wurde der Keller der Martin-Luther-Kirche weiter ausgebaut und diente als Luftschutzkeller, mit Gasschleusen, der Keller ist in weiten Teilen original erhalten. Nach dem Krieg war hier das ev. Hilfswerk untergebracht. 1968 wurde an die Martin-Luther-Kirche ein modernes Gemeindehaus angebaut mit großzügigem Raumprogramm (Sitzungs-, Jugend- und Büroräume) von 900 m² für die Gemeindearbeit. Dieses Gemeindehaus wurde 2014 abgerissen. 2015 wurde stattdessen ein neues Gemeindehaus mit 440 m² Nutzfläche errichtet.

Weitere Kirchengeschichte

Zweiter Weltkrieg

Ab 1942 wurden hinter dem Orgelprospekt der Kirche – im verborgenen Orgelkämmerchen – die Flugblätter der Weißen Rose aus der Hand der Geschwister Hans Scholl und Sophie Scholl sortiert und zum Versand fertig gemacht durch Franz J. Müller, Susanne und Hans Hirzel. Dieser konspirative Akt von Mitgliedern der damaligen Pfarrfamilie und ihres Freundeskreises wurde entdeckt und schürte den Hass des NS-Regime, was zu raschen Verhaftungen von Mitgliedern der Pfarrfamilie und deren Freunde und Helfern führte. Der Dokumentarfilm „Die Widerständigen – Zeugen der Weißen Rose“ (2008, Regie: Katrin Seybold) arbeitet diese Zeit und deren Hintergründe an der Martin-Luther-Kirche auf. Die Martin-Luther-Kirche beherbergt seit 2010 eine kleine Gedenkstätte an die Schülergruppe der Weißen Rose.

Neuanfang nach 1945

Die starken Bombardierungen, die die Ulmer Altstadt 1944 trafen, überstand diese Kirche relativ unbeschadet. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte deshalb die Schwester der Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl (Die Weiße Rose), Inge Aicher-Scholl, die Ulmer Volkshochschule („vh ulm“) in den großzügigen Räumen der Martin-Luther-Kirche rasch eröffnen. Sie sah darin einen Akt des Neuanfangs und der gesellschaftlich-politischen Neuorientierung. Otl Aicher entwarf und gestaltete in diesem Rahmen für die öffentlichen Vorträge die Plakate.

Gastredner mit wegweisenden Vorträgen boten der Generation nach dem Krieg die Möglichkeit zur geistigen Aufarbeitung zurückliegender Schrecken. Dazu gehörten Joseph Bernhart und Romano Guardini. Von 1949 bis zu seiner Pensionierung 1958 war Henning Fahrenheim, ein in der Bekennenden Kirche engagierter Theologe, Gemeindepfarrer des 1. Pfarrbezirks.

Text übernommen vom Wikipedia-Artikel "Martin-Luther-Kirche (Ulm)" und überarbeitet am 23. Juli 2019 unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 International.

Beteiligte

Derzeit sind keine Informationen zu beteiligten Firmen oder Personen verfügbar.

Relevante Webseiten

  • Über diese
    Datenseite
  • Structure-ID
    20036772
  • Veröffentlicht am:
    23.04.2008
  • Geändert am:
    22.10.2017
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